<83> sagte, die Königin wolle alles Vergangene vergessen. Sie böte ihm zur Entschädigung für seine Ansprüche auf Schlesien Limburg und das österreichische Geldern, sowie zwei Millionen Taler an, falls er Frieden schlösse und seine Truppen Schlesien sofort räumten. Der Gesandte gebärdete sich wie ein Narr und schwärmerischer Verehrer der Königin von Ungarn. Er führte seine Verhandlungen mit einem Pathos, als hätte er im Unterhaus eine Rede zu halten. Der König, der das Lächerliche gern aufgriff, schlug den gleichen Ton an und erwiderte ihm: Nur ehrlose Fürsten könnten ihre Rechte für Geld verkaufen. Solche Vorschläge wären für ihn noch beleidigender als früher die stolze Verachtung des Wiener Hofes. Und mit erhobener Stimme fuhr er fort: „Meine Armee würde mich nicht wert finden, sie zu befehligen, wenn ich durch einen schimpflichen Vergleich die Vorteile opferte, die sie mir durch unsterbliche Taten errungen hat. Erfahren Sie ferner, daß ich meine neuen Untertanen, alle diese Protestanten, deren Wünsche mich herbeigerufen haben, nicht ohne den schwärzesten Undank im Stich lassen kann. Soll ich sie der Tyrannei ihrer Verfolger überliefern, die ihre Rachsucht an ihnen auslassen würden? Soll ich an einem einzigen Tage die Gefühle der Ehre und der Rechtschaffenheit verleugnen, mit denen ich zur Welt kam? Wäre ich einer so feigen, einer so gemeinen Handlung fähig, ich würde die Gräber meiner Vorfahren sich öffnen sehen; sie würden heraufsteigen und mir zurufen: Nein, du bist nicht von unserm Blute! Du sollst für Rechte, die wir dir vererbt haben, kämpfen, und du verkaufst siel Du befleckst die Ehre, die wir dir als kostbarstes Erbteil hinterlassen haben! Du bist unwürdig, ein Fürst, ein König zu sein! Du bist nur ein verächtlicher Krämer, der Gewinn dem Ruhme vorzieht! — Nein, nie, nie will ich solche Vorwürfe verdienen. Lieber will ich mich und mein Heer unter den Trümmern Schlesiens begraben lassen, als daß ich auf die Ehre und den Ruhm des preußischen Namens den geringsten Flecken kommen lasse. Das, mein Herr, ist die einzige Antwort, die ich Ihnen geben kann.“

Robinson war über diese Rede bestürzt. So etwas hatte er nicht erwartet. Er kehrte nach Wien zurück, um dort zu berichten. Aber indes der König diesen Schwärmer fortschickte, fuhr er fort, Lord Hyndford zu schmeicheln und ihn in völlige Sicherheit zu wiegen. Es war noch nicht Zeit, die Karten aufzudecken. Um die Seemächte günstig zu stimmen, teilte man ihnen die Vorschläge Robinsons mit. Man entschuldigte die Ablehnung des Königs mit dem Hinweis auf den Barrieretraktat1, der, wie man wohl wisse, der Königin von Ungarn die Hände binde. Darum habe man die von ihr angebotene Abtretung von Limburg und Geldern nicht annehmen mögen. Besonders in Holland betonte man stark die Rücksichtnahme des


1 Durch den Barrieretraktat vom November 1715 hatte Holland in den spanischen Niederlanden, dle 1714 im Frieden zu Rastatt und Baden in österreichischen Besitz übergegangen waren, das Besatzungsrecht für mehrere Festungen und die Verfügung über einige Plätze erhalten, durch die es sich die Sperrung der Schelde sicherte. Das Barriererecht bezweckte den Schutz Hollands gegen Frankreich.