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III
Das Heerwesen
von seinen Anfangen bis zum Ende der Regierung Friedrich Wilhelms I.

Die ersten Kurfürsten aus dem Hause Brandenburg unterhielten kein stehendes Heer. Sie hatten nur eine berittene Leibwache von hundert Mann und ein paar Fähnlein Landsknechte, die auf die Burgen und festen Plätze verteilt waren, und deren Zahl sie je nach Bedarf erhöhten oder verminderten. Stand ein Krieg zu befürchten, so boten sie und die Stände den Heerbann auf, d. h. sie bewaffneten sozusagen das ganze Land. Der Adel stellte die Reiterei, seine Lehnsleute das Fußvolk, in Schlachthaufen geordnet.

Diese Art der Aushebung und Zusammensetzung der Heere war damals in Europa allgemein üblich. Die Gallier, die Germanen und die Briten hatten es stets so gehalten, und noch heute ist es Brauch bei den Polen. Sie nennen dies allgemeine Volksaufgebot „Pospolite ruszenie“. Auch die Türken haben die alte Gepflogenheit beibehalten. Neben einem stehenden Heer von 30 000 Janitscharen bewaffnen sie im Kriegsfalle stets die Bewohner Kleinasiens, Ägyptens, Arabiens und Griechenlands, die unter ihrer Herrschaft stehen.

Doch kehren wir zur brandenburgischen Geschichte zurück. Als Johann Sigismund auf den baldigen Eintritt des Erbfalles in Jülich und Berg1 rechnete, sah er die Notwendigkeit voraus, seine Rechte mit Waffengewalt durchzusetzen. Daher ordnete er ein allgemeines Aufgebot von 787 Reitern an, die sich am Sammelplatze einfanden, und wählte aus ihnen 400 der Gewandtesten aus. Ferner stellte der Adel 1 000 Mann Fußvolk, ungerechnet die Pikeniere unter dem Kommando des Obersten Kracht2. Auch die Städte schickten 2 600 Mann ins Feld. Diese Truppen wurden auf Kosten der Stände verpflegt; ihren Sold erhielten sie gewöhnlich nur auf drei Monate, nach deren Verlauf jeder in seine Heimat zurückkehrte. Der Kurfürst ernannte die Offiziere. Sobald die Notwendigkeit der Kriegsbereitschaft aufhörte, wurden die Truppen sogleich entlassen.

Die stürmische Regierungszeit Georg Wilhelms bietet mehrere Beispiele dieser Art von Rüstungen.


1 Vgl. S. 32 ff.

2 Hillebrandt von Kracht.