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12. Kapitel

Von den verschiedenen Arten der Streitkräfte und von den Söldnern.

Die Welt bietet aller Enden das Schauspiel großer Mannigfaltigkeit. Die Frucht, barkeit der Natur gefällt sich darin, in ein und derselben Gattung die verschiedensien Spielarten hervorzubringen. Das gilt nicht nur bei den Pflanzen, Tieren, Landschaften, für die Züge, Hautfarbe, Gesichtsbildung und Körperbeschaffenheit der Menschen; diese schöpferische Tätigkeit der Natur ist so umfassend, so ausnahmslos, daß sie sich noch bis auf die Lebensbedingungen der Reiche und Monarchien erstreckt; ich versiehe darunter im allgemeinen ihre Ausdehnung, Bevölkerungszahl, ihre Lage im Hinblick auf Nachbarn und Handel, ihre Gewohnheiten, Gesetze, ihre starken und schwachen Seiten, ihre Reichtümer und Hilfsquellen.

Diese Verschiedenheiten der Bedingungen sind für die Staatsleitung äußerst fühlbar, vertausendfachen sich, wenn man auf die Einzelheiten eingeht; genau wie die Ärzte kein Geheimmittel, kein Allheilmittel für jegliches Leiden, keine Arznei besitzen, die ohne Unterschied für jede Natur paßt, so vermag auch der erfahrenste und geschickteste Staatsmann leine allgemein gültigen Regeln der Staatskunst aufzustellen, die eine Anwendung auf alle Regierungsformen und jedes Land in seiner Besonderheit zuließen.

Diese Betrachtung führt mich ungezwungen zu einer Prüfung der Ansichten Machiavells über Ausländertruppen und Söldnerwirtschaft. Der Verfasser verwirft ihre Verwendung durchaus und stützt sich dabei auf Beispiele, die erwiesen hätten, daß gewisse Staaten von ihrer Verwendung mehr Nachteil als nennenswerte Hilfe gehabt hätten.

Sicher ist's im allgemeinen und Erfahrung hat's bestätigt, daß die besten Streitkräfte eines jeglichen Staates aus Landeskindern bestehen. Diese Auffassung läßt sich belegen durch das Beispiel des heldenhaften Widerstandes des Leonidas in den Thermopylen, und wiederum durch die kriegerische Minderwertigkeit der Lazedämonier unter den anderen Griechen, in der Zeit, als sie ihre Sklaven für sich in den Kampf schickten, sowie auch durch die erstaunlichen Fortschritte des Römerreichs, als die Legionen noch aus Bürgern Roms bestanden. Es war also das Volk, das den