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Borgia brauchte Kreaturen, darum bestach er die Urbinaten mit Geschenken und Zuwendungen. Wer Besiechungsgelder anbietet, macht sich gewissermaßen ebenso schuldig wie der, der sie nimmt, spielt er doch die Rolle des Versuchers; ohne seine Versuchung gibt's für den andern kein Erliegen. Doch suchen wir nicht erst nach Verbrechen bei Borgia, lassen wir ihm seine Bestechungen hingehn, sei es auch nur, well sie einige trügerische Ähnlichkeit mit Wohltaten haben, freilich mit dem Unterschiede, daß der Bestechende mit seiner Guttat seinen Vorteil sucht, während ein rechter Wohltäter nur der andern Bestes im Auge hat. Borgia wollte sich einiger Fürsten aus dem Hause von Urbino entledigen, des Vitellozzo, des Oliverotto da Fermo und anderer. Machiavell nennt das: er war so klug, sie nach Sinigaglia zu entbieten, wo er sie verräterisch umbringen ließ.

Den Glauben der Menschheit täuschen, der eigenen Niedertracht ein Mäntelchen umhängen, sich gemeiner List bedienen, Verrat üben, Meineid begehn und morden, für all dergleichen hat unser Doktor der Schurkerei den Namen: Klugheit. Doch ich spreche mit ihm nicht von Religion noch von Sittlichkeit, bleiben wir ganz einfach bei der Frage des Nutzens; das soll mir genügen, ihn zu widerlegen. Ich frage, zeugt es wirklich von Klugheit, den Menschen Beweise dafür zu liefern, daß es einem nicht darauf ankommt, gegen Treu und Glauben zu sündigen, meineidig zu werden? Wirfst du Treu und Glauben und den Eid über den Haufen, welche Bürgschaften bleiben dir für die Treue der Menschen? Stößt du den Eidschwur um, durch welche Macht gedenkst du Untertanen und Völker zu binden, daß sie deine Herrschaft achten? Wenn du Treu und Glauben den Garaus machst, woher das Vertrauen nehmen zu irgendeiner Seele und den Mut, auf irgendein Versprechen, das euch gegeben wird, zu bauen? Geht ihr voran mit dem Beispiel des Verrates — an Verrätern, die es euch nachmachen, wird es niemals fehlen; geht ihr voran mit dem Beispiel der Treulosigkeit — was glaubt ihr, wie viele Treulose euch's heimzahlen werden! Lehret ihr Mord, so zittert, daß einer eurer Schüler sein Probestück an euch vollziehe! So daß auf diese Weise euch nichts bleibt als der Vorzug, den Altmeisier des Verbrechens abzugeben und die Ehre des Wegweisers für andere Unholde, gleich entartet wie ihr. So kommt das Lasier zu Fall und bedeckt mit Schmach, die sich ihm hin, geben, bereitet ihnen Schaden und Fährnis. Ein Fürst wird aber niemals ein Sonderrecht auf das Verbrechen haben und daher auch niemals sich der Straflösigkeit für seine Verruchtheit erfreuen. Das Verbrechen gleicht einem Felsen, von dem ein Teil sich löst, der nun auf seinem Wege alles zerschmettert, um schließlich durch sein eigen Gewicht zu zerschellen. Welch ein abscheulicher Wahn, welche Verirrung des Denkens kann Machiavell an Lehren Geschmack finden lassen, die in ihrer abscheulichen Verderbtheit der Menschheit ins Gesicht schlagen?

Borgia setzte den grausamen d'Orco zum Statthalter in der Romagna ein, um Unruhe, Raub und Mord, die dort ins Kraut schossen, zu unterdrücken. Welch kläglicher Widerspruch! Borgia hätte erröten müssen, wenn er an anderen Lasier be-