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So sind denn also alle Kriege, die, nach strenger Prüfung, der Abwehr eines Usur pators, der Aufrechterhaltung wohlverbriefter Rechte, der Sicherung der Freiheit der Welt, der Notwehr wider Bedrückung und Gewalttat durch die Ehrgeizigen dienen, in Übereinstimmung mit den Forderungen des Rechtes und der Billigkeit. Beginnt ein Landesherr einen Krieg von dieser Art, so ist er unschuldig an allem vergossenen Blut: er befand sich in der Zwangslage, zu handeln, und unter solchen Umständen ist der Krieg ein geringeres Übel als der Friede.

Der Gegenstand bringt mich von selbst auf die Fürsten, die mit dem Blute ihrer Untertanen einen niederträchtigen Schacher treiben. Ihre Truppen gehören dem Meistbietenden. Das ist die reine Versteigerung, wo die, die in Form von Subsidien das größte Angebot machen, die Soldaten dieser unwürdigen Landesfürsten zur Schlachtbank führen. Erröten müßten sie ob ihrer Verkommenheit, das Leben von Menschen zu verkaufen, die sie landesväterlich beschützen sollten! Diese kleinen Tyrannen sollten die Stimme der Menschlichkeit hören, die einen solchen grausamen Mißbrauch der Macht verabscheut, die ihnen darum auch jede Würdigkeit abspricht, eine höhere Stufe einzunehmen und eine Krone zu tragen.

Über Religionskriege habe ich im einundzwanzigsten Kapitel zur Genüge meine Meinung geäußert1. Hier nur so viel, daß ein Herrscher alles daransetzen soll, sie zu vermeiden; zum mindesten sei er klug genug, die Fragestellung zu ändern, so wird er wenigstens die giftige Erbitterung und schonungslose Roheit etwas mildern, die von jeher die unzertrennlichen Begleiter aller Parteihändel und Glaubensstreitigkeiten gewesen sind. Im übrigen ist kein Wort zu scharf für den verbrecherischen Mißbrauch, der sich für jegliches Tun der Worte: Gerechtigkeit und Billigkeit anmaßt, der sich der gottlosen Lästerung nicht schämt und mit seinem abscheulichen Machtstreben sich hinter den Namen des Höchsten steckt. Es gehört eine grenzenlose Verruchtheit dazu, die Welt mit so dreistem Vorgeben betrügen zu wollen. Die Fürsten sollten wirklich mit dem Blute ihrer Völker einigermaßen haushälterisch umgehen und nicht durch unsinnigen Mißbrauch der Tapferkeit ihrer Krieger deren Leben verschleudern.

Der Krieg ist ein solcher Abgrund des Jammers, sein Ausgang so wenig sicher und seine Folgen für ein Land so verheerend, daß sich's die Landesherren gar nicht genug überlegen können, ehe sie ihn auf sich nehmen. Ich rede garnicht von all der Unbill und allen Gewalttaten, die sie an ihren Nachbarn begehen, ich beschränke mich nur auf das UnheU, das über ihre eigenen Untertanen hereinbricht.

Ich bin überzeugt, sähen die Könige einmal ein schonungsloses Bild von all dem Elend des Volkes, es griffe ihnen ans Herz. Doch ihre Einbildungskraft ist nicht lebendig genug, sich all die Leiden, die an ste in ihrer Stellung gar nicht herankommen, in ihrer wahren Gestalt vorzustellen. Man sollte einem Herrscher, den feuriger


1 Vgl. S. 87.