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Gedächtnisrede auf Stille
Gelesen in der Akademie am 25. Januar 1753

Christoph Ludwig von Stille wurde 1696 in Berlin geboren. Sein Vater, Ulrich von Stille, war Königlich Preußischer Generalleutnant und Kommandant der Festung Magdeburg, seine Mutter Ulrike eine geborene von Cosel. Er erhielt seine Schulbildung in Helmstädt und vollendete seine Studien an der Universität Halle.

Die Liebe zu den Wissenschaften erstickte den Durst nach Ruhm in ihm nicht. Als 1715 der Krieg mit Schweden ausbrach, wollte er seinem Vaterland dienen. Er machte die Belagerung von Stralsund mit und trat von der Infanterie zur Kavallerie über, zu der seine Lebhaftigkeit ihn zu bestimmen schien. Ihm genügte es nicht, eine Stellung zu haben, er wollte sie auch würdig ausfüllen.

Der lange Friede von 1717 bis 1733 gab dem Militär keine Gelegenheit, Erfahrung in der Kriegskunst zu sammeln. Alles war auf die bloße Theorie beschränkt, die im Vergleich zur Praxis nur wie der Schatten neben dem wirklichen Gegenstand ist. Beim Tode König Augusts II, von Polen ließ sich Stille die Gelegenheit, die sich bot, nicht entgehen. Er nahm an der berühmten Belagerung von Danzig unter Feldmarschall Münnich (1734) teil und hatte die Genugtuung, den letzten Feldzug, den Prinz Eugen am Rhein führte, mitzumachen.

Nach dem Tode Friedrich Wilhelms ernannte ihn der jetzige König zum Erzieher seines Bruders Heinrich. Stille war dieses Amtes um so würdiger, als er mit den Gaben des Geistes und den militärischen Talenten Herzenseigenschaften verband. Bei der Erneuerung der Akademie wurde er zu ihrem Kurator gewählt. Es ist traurig, aber wahr, daß man unter den Leuten von Stand selten so aufgeklärte Geister findet wie Stille, Männer, die so gerechte Ansprüche auf die Akademie haben, wie er. Die verschiedenen Wissenschaften, die unsre Akademie umfaßt, waren ihm nicht fremd. Ja, er hätte uns wohl mit literarischen Arbeiten bereichern können, hätten seine verschiedenen Berufspflichten ihm nicht die Zeit dazu geraubt. Seine Neigung galt der schönen Literatur. Den strengen Wissenschaften zog er die Anmut der Beredsamkeit vor, nicht jenen Wortschwall, der nur ein wohlklingendes Geräusch