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IV. Verschanzte Lager

Man verschanzt sein Lager, wenn man eine Stadt belagern oder ein schwieriges Defilee verteidigen will, wo man der Natur mit Befestigungswerken zu Hilfe kommen muß, um vor feindlichen Angriffen geschützt zu sein. Folgende Regeln sind bei allen Verschanzungen durchgehends zu beobachten: gute Wahl des Geländes, Benutzung aller Moräste, Flüsse, Überschwemmungen und Verhaue, wodurch sich der Umfang der Verschanzungen verringern läßt. Es ist besser, sie zu eng als zu weitläufig zu machen; denn nicht die Verschanzung hält den Feind auf, sondern die Truppen, die man ihm entgegenstellt. Ich würde also nie eine Verschanzung anlegen, wenn ich sie nicht mit einer zusammenhängenden Linie von Bataillonen besetzen und außerdem noch eine Infanteriereserve bereithalten könnte, um sie nach Bedarf zu verwenden. Auch Verhaue sind nur insofern gut, als sie von Infanterie verteidigt werden. Vor allem muß man darauf sehen, daß die Verschanzungen rund um die belagerte Stadt gut angelehnt sind. Sie stoßen gewöhnlich an einen Fluß. Dann muß der Verschanzungsgraben so tief in den Fluß hineingehen, daß man leinen Grund mehr erreicht und ihn nicht durchwaten kann. Läßt man diese Vorsicht außer acht, so läuft man Gefahr, umgangen zu werden. Ich füge noch hinzu, wenn man sich um eine Stadt, die man belagern will, verschanzt, so muß man sich vor allem im voraus mit Lebensmitteln versorgen. Auch müssen die Verschanzungen gut flankiert sein, damit der Feind auf jedem Angriffspunkt vier bis fünf Kreuzfeuer auszuhallen hat. Verschanzungen in Bergschluchten erfordern viel Sorgfalt und Vorsicht. Vor allem gilt es, seine Flanken gut zu sichern. Zu dem Zweck wirft man an beiden Flügeln Schanzen auf, an die sie sich anlehnen, und bisweilen wird die Verschanzung in der Flanke weitergeführt, damit die darin stehenden Truppen keine Umgehung zu befürchten haben. Geschickte Leute wissen den Feind zum Angriff auf bestimmte Punkte zu zwingen. Die befestigen sie dann doppelt, z. B. durch Vertiefung der Gräben, durch Palisaden und spanische Reiter an den Bermen, durch Verstärkung der Brustwehren, sodaß sie dem Geschützfeuer standhalten, und durch Anlage von Wolfsgruben an den gefährdetesten Stellen1.

V. Defensive Lager

Jetzt will ich von den Defensivlagern reden. Ihre Stärke liegt allein in dem Gelände. Sie haben keinen andern Zweck, als einen Angriff des Feindes zu verhindern.

Sollen solche Stellungen ihren Zweck völlig erreichen, so müssen Front und beide Seiten gleich stark sein, der Rücken aber muß frei und offen bleiben. Das ist bei Höhen


1 Zusatz von 1752: „Indessen würde ich für die Deckung einer Belagerung eine Observationsarmee einem verschanzten Lager vorziehen; denn die Erfahrung lehrt, daß die Verschanzungen, wie die alte Methode sie kennt, zu gefährlich sind. Turenne nahm die Verschanzungen Condés vor Arras (1654), Condé die von Turenne, wenn ich nicht irre, um Valenciennes errichteten (1656). Seitdem haben diese beiden großen Meister der Kriegskunst ihre Belagerungen nicht mehr mit verschanzten lagern, sondern mit Observationsheeren gedeckt.“