<9>baggern ließ. Dadurch gewann die Stadt Stettin den Zoll, den sie früher bei der Durchfahrt in Wolgast an Schweden hatte zahlen müssen. Das trug viel zum Aufblühen des Handels und zur Anziehung der Fremden bei. In allen Städten entstanden neue Fabriken. Manufakturen für Samt und feine Stoffe fanden den angemessensten Platz in Berlin, die für leichten Samt und schlichte Stoffe in Potsdam. Splitgerber versorgte alle Provinzen mit Zucker aus seiner Siederei in Berlin. Die Stadt Brandenburg blühte durch eine Barchentfabrik auf. Russisches Leder wurde in Frankfurt an der Oder hergestellt, seidene Strümpfe und Taschentücher in Berlin, Magdeburg und Potsdam. Die Wegelische Fabrik vergrößerte sich um das Doppelte. Überall in den Provinzen wurde die Anpflanzung von Maulbeerbäumen gefördert. Die Geistlichen gingen den Züchtern mit gutem Beispiel voran und lehrten sie, das wertvolle, aus Indien stammende Insekt zu züchten, dessen Gespinst die Seide liefert. Wo es ausgedehnte Waldungen gab, deren Abholzung sich wegen zu großer Entfernung von den Flußläufen nicht lohnte, legte man Eisenhütten an, die binnen kurzem eiserne Kanonen, Kugeln und Bomben für die Festungen und den Heeresbedarf lieferten. Im Fürstentum Minden und in der Grafschaft Mark erschloß man neue Salzquellen und beutete sie aus. Die Salinen in Halle wurden verbessert durch Anlage von Gradierwerken, durch die man viel Holz sparte. Kurz, die Industrie wurde in der Hauptstadt wie in den Provinzen gefördert.

Der König brachte das Stapelrecht, das Sachsen der Stadt Magdeburg streitig gemacht hatte, zu neuer Geltung und stellte durch einige neue Grenzzölle das Gleichgewicht zwischen dem Handel der preußischen Provinzen und dem sächsischen so ziemlich her. Die Emdener Kompagnie knüpfte einen wichtigen Handelsverkehr mit China an. Durch Herabsetzung der Ausfuhrzölle in Stettin, Königsberg und Kolberg stiegen die Zolleinnahmen auf das Doppelte. Die Folge dieser verschiedenen Finanzoperationen war, daß im Jahre 1756 die Staatseinkünfte um 1 200 000 Taler gestiegen waren, ungerechnet die Einnahmen aus Schlesien und Ostfriesland1, und ohne daß der König seinem Volke einen Pfennig an neuen Steuern aufbürdete. Eine Volkszählung in allen Provinzen ergab, daß die Zahl der Einwohner auf 5 300 000 Seelen gestiegen war. Da es nun eine feststehende Tatsache ist, daß die Zahl der Bevölkerung den Reichtum der Staaten bildet, so konnte sich Preußen für doppelt so stark schätzen als in den letzten Regierungsjahren Friedrich Wilhelms, des Vaters des Königs.

Aber die Finanzen und die Rechtspflege nahmen die Aufmerksamkeit des Königs nicht ausschließlich in Anspruch. Auch das Heer, das Werkzeug des Ruhmes und der Erhaltung der Staaten, wurde nicht vernachlässigt. Der König wachte selbst sorgfältig über die Wahrung der Mannszucht und des Gehorsams. In allen Provinzen wurden die Truppen Jahr für Jahr regelmäßig in Lagern versammelt, um in den


1 Auf Grund der 1694 vom Kaiser dem Hause Brandenburg erteilten Anwartschaft hatte König Friedrich am 26. Mai 1744 nach dem Aussterben des dortigen Fürstenhauses von Ostfriesland Besitz ergriffen.