<13>wohl der König von Preußen mit der Kaiserin, seiner eigenen Gemahlin, im Kriege lag. Während des Krieges schoß der Kaiser ihr bedeutende Summen auf sicheres Unterpfand vor. Mit einem Wort: er war der Bankier des Hofes, und da er nun einmal König von Jerusalem war1, so schloß er sich den uralten Gebräuchen des jüdischen Volkes an.

Die Kaiserin hatte in den vorhergehenden Kriegen die Notwendigkeit einer besseren Disziplinierung ihrer Armee erkannt. Sie machte tatkräftige Männer zu Generalen, die imstande waren, Mannszucht in die Truppen zu bringen. Sie pensionierte alte Offiziere, die ihrer Stellung nicht mehr gewachsen waren, und ersetzte sie durch jüngere Leute von Rang, die Eifer und Liebe zum Kriegshandwerk zeigten. Jahr für Jahr wurden die Truppen in den Provinzen in Feldlagern versammelt und von kommissarischen Inspekteuren geschult, die mit den großen Kriegsmanövern vertraut und dafür ausgebildet waren. Die Kaiserin selbst begab sich zu wiederholten Malen in die Lager von Prag und von Olmütz, um die Truppen durch ihre Gegenwart und durch Belohnungen anzufeuern. Besser als irgendein Fürst verstand sie sich auf schmeichelhafte Auszeichnungen, auf die jeder im Staatsdienst Stehende so großen Wert legt. Sie belohnte die von ihren Generalen empfohlenen Offiziere und verstand überall den Wetteifer, die Talente und den Wunsch, ihr zu gefallen, wachzurufen. Zugleich wurde eine Artillerieschule unter der Leitung des Fürsten von Liechtenstein gegründet. Er brachte das Korps auf 6 Bataillone und führte in der Verwendung der Kanonen jenen unerhörten Mißbrauch ein, der heute üblich ist. In seinem Diensteifer für die Kaiserin gab er über 100 000 Taler aus eigenen Mitteln dazu. Um schließlich nichts zu verabsäumen, was mit dem Heerwesen zusammenhing, gründete die Kaiserin in der Nähe von Wien eine Anstalt, wo die adlige Jugend in allen Kriegswissenschaften unterrichtet wurde2. Sie zog geschickte Lehrer der Geometrie, der Befestigungskunst, der Geographie und Geschichte zur Ausbildung fähiger Leute heran, sodaß hier eine Pflanzschule von Offizieren für ihre Armee entstand. Durch ihre Fürsorge erlangte das Militär in Österreich einen Grad der Vollkommenheit, wie es ihn unter den Kaisern aus dem Hause Österreich nie besessen hat. So führte eine Frau Vorsätze durch, die eines großen Mannes würdig waren.

Die Kaiserin, die auf alle Zweige der Staatsverwaltung ein wachsames Auge hatte, war mit der Leitung der auswärtigen Politik unzufrieden und übertrug sie am Ende des Jahres 1753 dem Grafen Kaunitz3. Sie machte ihn zum Premierminister, um alle Fäden der Regierung in einer Hand zu vereinigen. Wir werden noch Gelegenheit haben, diesen Mann, der eine so große Rolle gespielt hat, eingehender zu schildern. Er ging auf alle Stimmungen seiner Gebieterin ein, verstand es, ihren Leidenschaften zu schmeicheln und sich das volle Vertrauen der Kaiserin zu gewinnen.


1 Als römischer Kaiser führte Franz I. den Titel eines Königs von Jerusalem.

2 Die 1752 gegründete adlige Militärakademie zu Wiener-Neustadt war für 200 Zöglinge bestimmt.

3 Graf Wenzel Kaunitz-Rittberg, seit 1753 Hof- und Staatskanzler.