<87> wünsche ihre Lage ändern zu können und habe Mitgefühl; aber die Zeit, wo es ihm freigestanden hätte, sich mit dem Wiener Hofe zu vergleichen, sei vorüber.

Wenige Tage danach fing man einen Brief der Kaiserin-Witwe an den Prinzen Ludwig von Braunschweig auf, der sich damals in Rußland befand. Dieser Brief war offenherziger, aber der Stil war um nichts besser. Hier ist die vom Original genommene Abschrift.

21. September 1741.



Mein lieber Neffe!

Der Zustand unserer Angelegenheiten hat eine so drückende Wendung genommen, daß man unsern Fall völlig trostlos nennen kann; denn keiner ist mehr für uns. Was uns in unserem Unglück tröstet, ist, daß Gott mehr als einen Pharao ins Rote Meer stürzen und unsre falschen verstellten Freunde verderben wird. Es kann nicht sein, daß die meisten Menschen noch an einen Gott glauben. Wahr ist: der falsche Schein hat mich nicht eingewiegt; und obwohl der Kurfürst von Bayern uns die Franzosen auf den Hals geschickt hat und mich von hier vertreibt, so halte ich ihn doch für einen würdigen Fürsten. Denn er hat nicht geheuchelt und ist nicht falsch gewesen; er hat sich gleich anfangs entdeckt und ist ehrlich zu Werke gegangen. Ich trage Bedenken, Ihnen mehr von hier zu schreiben. Das ist ein trauriges Jahr für mich. Erhalten Sie uns das Bündnis1, und möge man sich dort vor falschen und verstellten Freunden hüten. Ich verharre als

Ihre wohlgeneigte Tante
Elisabeth.

Der Ton dieser Briefe zeigt, wie bitter der Wiener Hof die Fortschritte der Preußen in Schlesien empfand und wie sehr er nach Rache dürstete. Aber welche Logik! Wer das Haus Österreich angreift, der kann an keinen Gott glauben! Daß man Frieden anbietet, solange man freie Hand dazu hat, und daß man vorgeschlagene Bedingungen abweist, nachdem man anderweitige Verträge unterzeichnet hat, das soll Falschheit, Treulosigkeit sein! So sprechen Eigenliebe und Dünkel, die die Klarheit des Urteils trüben. In Wien betrachtete man das Bündnis gegen die Pragmatische Sanktion als den Krieg der himmelstürmenden Titanen, die Jupiter vom Thron stoßen wollten.

Die Schweden waren nicht so glücklich wie ihre Bundesgenossen. Ein Korps von 12 000 Mann war bei Willmanstrand2 von den Russen zusammengehalten worden. Das war ein beträchtlicher Schlag für das Königreich, das seit Karl XII. geschwächt und fast zugrunde gerichtet war. Frankreich war hierüber ungehalten und nahm sich vor, die Niederlage seiner Verbündeten auf einer andern Seite wieder wettzumachen.


1 Mit Rußland vom Februar 1741 (vgl. S. 69).

2 Am 3. September 1741.