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In Smirschitz stand ein vorgeschobener Posten, der eine neue Kriegslist erfand, um die Ungarn abzuschrecken. Die kamen häufig heran und beschossen eine Schanze und eine bei der Elbbrücke stehende Schildwache. Es ist ein kleiner Spaß, der dem Leser nach so vielen ernsten Dingen etwas Erholung bereiten wird. Einige Wachen waren von den Panduren verwundet worden. Die Kalcksteinschen Grenadiere kamen auf den Einfall, einen Gliedermann anzufertigen, den sie als Grenadier anzogen und an Stelle der Schildwache aufstellten. Sie bewegten die Puppe durch Schnüre, sodaß man sie in einer gewissen Entfernung für einen Menschen halten konnte. Zugleich versteckten sie sich in dem nahen Gesträuch. Die Panduren kommen an und schießen. Der Gliedermann fällt um. Sie wollen über ihn herfallen. Da dringt Heftiges Feuer aus dem Gehölz, die Grenadiere werfen sich auf die Panduren und nehmen alle, die sie verwundet haben, gefangen. Fortan wurde der Posten in Ruhe gelassen.

Kehren wir jedoch zu wichtigeren Dingen zurück. Seit der Schlacht von Hohenfriedberg hatte der Prinz von Lothringen bei seinem Hofe immerfort auf Verstärkung gedrungen. Man schickte ihm nun acht Regimenter. Sie kamen teils aus Bayern, teils von der Rheinarmee, teils von der Besatzung von Freiburg, die man eben mit den Franzosen ausgewechselt hatte. Aber während die Verstärkungen anlangten, marschierte der Herzog von Weißenfels ab und ließ von den 24 000 Sachsen nur 6 000 Mann zurück. Der Grund seines Rückzuges war folgender. Der König von Preußen hatte erfahren, daß der König von Polen in Unterhandlung mit den Bayern stände, um gegen Subsidien 6 000 Mann von ihnen in seine Dienste zu nehmen. Dieses Korps hätte durch einen Einfall in Brandenburg eine schlimme Diversion machen können. Die Wege zur Aussöhnung mit Sachsen waren gesperrt. Das einzige Mittel, den Dresdener Hof in Schach zu halten, war, ihn einzuschüchtern. Deshalb zog der Fürst von Anhalt seine Truppen bei Halle zusammen. Dort wurde er durch vier Regimenter Infanterie und drei Kavallerieregimenter verstärkt, die Geßler ihm aus Böhmen zuführte. Die Sachsen konnten darauf gefaßt sein, daß der Fürst von Anhalt offensiv gegen sie vorgehen würde. Sein Korps war stark genug, sie zu überwältigen. Zugleich erschien ein Manifest, worin der König erklärte, daß er nach dem Beispiel der Königin von Ungarn, welche die Verbündeten und Hilfstruppen des verstorbenen Kaisers, die Hessen, Pfälzer und Preußen, als Feinde behandle, sich gleichfalls für berechtigt halte, die Sachsen als Bundesgenossen der Königin von Ungarn wie Feinde zu behandeln und ihnen all das Leid zu vergelten, das sie den Staaten des Königs zugefügt hätten oder zuzufügen beabsichtigten. Der Fürst von Anhalt hatte schon den Arm erhoben. Er war im Begriff, zuzuschlagen, als die Unterzeichnung des Vertrags zu Hannover1 den Streich aufhielt.


1 Am 26. August 1745 unterzeichneten Harrlngton und Andrié den zwischen Preußen und England geschlossenen Vertrag, der den Präliminarfrieden enthielt.