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20. An meinen Bruder Heinrich

Wohin des Wegs? — „Nur fort! Ich flieh' das Land!
„Will nicht ins Grab hier bei lebendigem Leibe;
„Die Öde bringt mich schier um den Verstand.
„Denn sterben heißt's, wenn ich allein hier bleibe.
„Berlin ist meine Wonne, meine Welt!
„Dort gibt es schöne Mädchen, Feste, Bälle,
„Kurz, alles findest Du, was Dir gefällt.
„Bist Du kein Tor: dort sitzst Du an der Quelle.“
Gewiß, mein Bruder, kannst Du Dich vergnügen,
Mit allem ist Berlin ja wohl versehn;
Leicht sind auch unsre Schönen zu besiegen —
Was macht nur diese Freuden einzig schön?

„Ein kleines Fest gibt's bei Herrn Milon heute,
„Man ist ganz unter sich und wie allem;
„Denn eingeladen sind nur achtzig Leute.“
Die Gäste nahn; 's ist eine Höllenpein,
Wie an der Türe sich ein Knäuel ballt.
Ich dränge mich hindurch, sei's mit Gewalt.

Zum Spiel stehn dreißig Tische schon zurecht,
Und wer nicht spielt, dem Ärmsten geht es schlecht.
Ein jeder brütet über seinen Karten;
Der schwitzt, kann kaum das Herzenaß erwarten;
Der andre lauert, in der Hand die Flöte.
Sein Pech treibt ins Gesicht ihm Zornesröte,
Er tobt! Hat er den Koller? Ist er krank?
„Viel schlimmer noch: er hat den König blank!“

In einer fernen Ecke, ganz apart,
Ein andrer Spielerhaufe spielt Hazard.
In hohen Bergen liegt das Gold vor ihnen.
Ihr Priester mischt mit feierlichen Mienen