<141>Die wurden da oben
Zur Tugend erhoben,
Zu Tugenden, wie sie 'nem Könige not sind!
Seit so das Schändlichste scheint erlaubt,
Kann sich in jedem Augenblicke
Ein Abgrund auftun, eh' man's glaubt,
Umdrohen uns Fallen, Schlingen und Stricke;
Ängstlich bei jedem Schritte nimmt
Man sich in acht, wie der Krieger, der
Die Minen zerstörend, Schanze und Wehr
Einer wohlverteidigten Festung erklimmt.
Doch — Freundschaft unter Fürsten, ach,
Der fragst Du wohl meist vergebens nach!
Je näher benachbart, je ärger ergrimmt,
Sinnt jeder, den andern zu vernichten:
Da heißt's auf der Hut sein, lauern und passen
Auf des Nachbarn Pläne, sein Tun und Lassen,
Was da werden will, scharf ins Auge zu fassen,
Um auf drohendes Unheil sich einzurichten.

Das, Freund Darget, sind die Sorgen, die bangen,
Die an der Krone untrennbar hangen.
Und dennoch — ob ein Fürst auch immer
Für Staat und Reich sein Letztes tu',
Auf Dank beim Volke zähl' er nimmer,
Geht es nicht grab mit 'nem Wunder zu!
Wem kann's wohl ein König zu Danke machen?
Er soll sich auf alles zugleich verstehn,
Auf den Krieg, die Finanzen und dabei
Auf Diplomatie und Juristerei;
Auf seinem Feld, das nicht abzusehn,
Soll er ein Allerweltskerl sein —
Und heischt doch für sich jedes Ding allein
Einen ganzen Mann, eine ganze Kraft!
Dem, der zur Strafe gezogen ward,
Heißt er zu strenge, heißt er zu hart.
Der klagt über Jähzorn und Leidenschaft;
Der schimpft, er sei zu weich, zu mild;
Zieht er zu Felde, gleich heißt er wild,
Ehrbegierig, vermessenen Geistes: