<271>leumden. 5. Kein Privatmann hat ein Recht auf mein Leben; folglich habe ich auch kein Recht, irgend einem Menschen das seine zu rauben. 6. Wer mir Undank bezeigt, empört mich; wie sollte ich also undankbar gegen meine Wohltäter sein? 7. Wenn ich die Ruhe liebe, werde ich den Frieden der andren nicht stören. 8. Wenn ich mir in meinen Nöten gern helfen lasse, werde auch ich meinen Beistand denen nicht versagen, die mich darum bitten; denn ich kenne das schöne Gefühl, das einen erfüllt, wenn man einer wohltätigen Seele, einem hilfsbereiten Herzen begegnet, das Mitleid mit dem menschlichen Elend hat, den Unglücklichen hilft, sie verteidigt und rettet.

Frage: Ich sehe, daß Du das alles für die Gesellschaft tust; was aber hast Du selber für Vorteil davon?

Antwort: Die süße Genugtuung, so zu sein, wie ich es wünsche, wert, Freunde zu besitzen, würdig der Achtung meiner Mitbürger, würdig meines eignen Beifalls.

Frage: Bringst Du bei einem solchen Verhalten nicht alle Deine Wünsche und Neigungen zum Opfer?

Antwort: Ich halte sie im Zaum, und wenn ich sie unterdrücke, geschieht es zu meinem eignen Nutzen, zur Aufrechterhaltung der Gesetze, die den Schwachen gegen die Angriffe des Starken schützen, zur Wahrung meines Rufes und um den Strafen zu entgehen, die die Gesetze bei Übertretungen androhen.

Frage: Allerdings bestrafen die Gesetze öffentliche Übeltaten. Aber wie viele schlechte Handlungen bleiben in Dunkel gehüllt und entziehen sich dem scharfen Auge der Gerechtigkeit! Warum willst Du nicht zur Zahl jener glücklichen Übeltäter gehören, die im Schatten der Straflosigkeit ihre Frevel genießen? Böte sich Dir also eine heimliche Gelegenheit, Dich zu bereichern, so würdest Du sie vorübergehen lassen?

Antwort: Wenn ich aufrechtmäßige Weise zu Wohlstand kommen kann, würde ich es gewiß nicht verabsäumen. Wäre es aber nur durch unredliche Mittel möglich, so würde ich auf der Stelle darauf verzichten.

Frage: Weshalb?

Antwort: Weil nichts so verborgen ist, daß es nicht an den Tag käme. Früher oder später enthüllt die Zeit doch die Wahrheit. Ich würde unrecht erworbenes Gut nur mit Zittern besitzen und mein Leben in der steten furchtbaren Erwartung des Augenblicks hinbringen, der meine Schande aufdeckte und mich auf ewig vor der Welt entehrte.

Frage: Gleichwohl ist die Moral der großen Welt ziemlich locker. Wieviel Unrecht, wieviel Betrug, wieviel Treulosigkeit würde zutage kommen, wollte man untersuchen, mit welchem Rechte jeder sein Gut besitzt! Ermutigen solche Beispiele Dich nicht zur Nachahmung?