<247> Regierungswesen schreiben, ohne Fachkenntnisse und Weitblick zu zeigen, so sehen die Politiker mitleidig auf sie herab und verweisen sie auf die Anfangsgründe ihrer Wissenschaft. Theoretische Spekulationen verdienen kein Vertrauen; sie halten die Feuerprobe der Erfahrung nicht aus. Die Regierungskunde ist eine Wissenschaft für sich; wer da fachgerecht mitsprechen will, muß ein langes Studium hinter sich haben. Sonst gerät man auf Irrwege oder empfiehlt Arzneien, die schlimmer sind als das Leiden, worüber man klagt. Und es kann geschehen, daß man mit viel Geist nichts als dummes Zeug redet.

Noch eine Pauke gegen den Ehrgeiz der Fürsten! Unser Autor ist außer sich, er nimmt kein Blatt mehr vor den Mund: er klagt die Herrscher an, sie seien die Schlächter ihrer Völker, sie schickten sie als Schlachtopfer in den Krieg, um sich die Langeweile zu vertreiben.

Ohne Zweifel hat es ungerechte Kriege gegeben, Blut ist geflossen, das man hätte sparen sollen und können. Nichtsdestoweniger gibt es mehrere Fälle, in denen der Krieg nötig, unvermeidlich und gerecht ist. Ein Fürst muß seine Verbündeten verteidigen, wenn sie angegriffen werden. Die Selbsterhaltung nötigt ihn, mit bewaffneter Hand das Gleichgewicht zwischen den Mächten Europas zu erhalten. Seine Pflicht ist es, die Untertanen vor feindlichen Einfällen zu schützen. Er ist durchaus befugt, für seine Rechte einzutreten, für eine Erbschaft, die angefochten wird, oder für ähnliche Streitfragen, und zwar indem er die Unbill, die man ihm antut, mit Gewalt zurückweist.

Welchen Schiedsrichter haben denn die Herrscher? Wer will ihr Richter sein? Da sie denn für ihre Rechtsstreitigkeiten kein Gericht finden, das mächtig genug wäre, das Urteil zu fällen und zu vollziehen, so kehren sie unter das Naturrecht zurück, und Gewalt muß die Entscheidung übernehmen. Gegen solche Kriege Geschrei erheben, die kriegführenden Herrscher schmähen, das heißt, mehr Haß gegen die Könige an den Tag legen als Mitleid und Menschlichkeit gegen die Völker, die mittelbar unter den Kriegen leiden. Würde unser Philosoph wohl mit einem Herrscher einverstanden sein, der sich feige seiner Staaten berauben ließe, der Ehre, Interesse und Ruhm seiner Nation dem Gelüst der Nachbarn preisgäbe und durch unnützes Mühen um Erhaltung des Friedens sich selbst, seinen Staat und sein Volk zugrunde richtete? Mark Aurel, Trajan, Julian lagen beständig im Krieg, und doch spenden die Philosophen ihnen Lob. Warum tadeln sie also die modernen Herrscher, die hierin dem Beispiel der alten folgen?

Dem Verfasser genügt es nicht, alle gekrönten Häupter Europas zu beschimpfen. Nebenher unterhält er sich auch damit, die Werke von Hugo Grotius lächerlich zu machen. Ich möchte mir die Ansicht erlauben, daß man ihm nicht aufs Wort glauben wird und daß das „Kriegs- und Friedensrecht“ länger fortleben wird als die Abhandlung „Über die Vorurteile“.

Merken Sie sich, Sie Feind der Könige, moderner Brutus, merken Sie sich, daß die Könige nicht die einzigen sind, die Krieg führen. Die Republiken haben jederzeit