<74>rücken, als ob sie zwischen den Bataillonen ständen; sie mußten die geringste Bodenwelle benutzen, um jeden Vorteil wahrzunehmen, und jedesmal zielen, bevor sie schossen. Da überall Verbesserungen gemacht wurden, so hatte man eine neue Haubitze erfunden, die Granaten auf 4000 Schritt feuerte1. Die Bombardiere wurden mit diesem Geschütz auf verschiedene Entfernungen ausgebildet. Auch wurde die Notwendigkeit erkannt, der Feldartillerie den denkbar höchsten Grad der Beweglichkeit zu geben. Zu dem Zweck wurden bei ihr noch einige Evolutionen eingeführt, damit die Geschütze, von den Mannschaften gezogen, ununterbrochen mit den Bataillonen vorrücken konnten.

Die Armee hatte zwar viele Feldzüge hinter sich, aber oft hatte es dem Hauptquartier an guten Quartiermeistern gefehlt. Der König wollte sich geeignete Leute heranbilden und suchte sich zwölf Offiziere von großer Begabung aus, um sie persönlich anzuleiten2. Zu dem Zweck mußten sie Geländeaufnahmen machen, Lager abstecken, Dörfer befestigen, Höhen verschanzen, sogenannte Mahlwerke errichten, Marschdispositionen treffen; vor allem aber wurden sie dazu angehalten, alle Moräste und alleWasserläufe selbst zu untersuchen, um keine Flüchtigkeitsfehler zu begehen und etwa einem Heere einen durchwatbaren Fluß oder gar einen Morast zur Anlehnung zu geben, den die Infanterie durchschreiten kann, ohne sich die Knöchel naß zu machen. Solche Fehler sind folgenschwer; ohne sie wären die Franzosen nicht bei Malplaquet (1709) und die Österreicher nicht bei Leuthen geschlagen worden.

Die Erziehung der adligen Jugend, die den Waffenberuf ergreift, verdient die größte Sorgfalt. Man kann sie von klein auf für den erwählten Beruf erziehen und sie durch gute Vorbildung so weit bringen, daß ihre Fähigkeiten sich früh entwickeln, wie Frühobst, das trotz seiner vorzeitigen Reife am wohlschmeckendsten ist. Während des letzten Krieges war die Kadettenerziehung sehr heruntergekommen. Sie lag so im argen, daß die jungen Leute, wenn sie die Ansialt verließen, knapp lesen und schreiben konnten. Um das Übel mit der Wurzel auszurotten, stellte der König den General von Buddenbrock3 an die Spitze des Kadettenkorps (1759). Er war im ganzen Lande unzweifelhaft der Geeignetste zu diesem Amte. Zugleich wurden gute Lehrer berufen und ihre Zahl nach Maßgabe der Schüler, die sie unterrichten sollten, vermehrt. Um zugleich der schlechten Erziehung der adligen Jugend in Pommern abzuhelfen — die Eltern waren zu arm, um sie gut zu erziehen —, gründete der König eine Schule in Stolp, wo 56 adlige Knaben auf seine Kosten gekleidet, ernährt und unterrichtet wurden4. Nachdem sie dort die erste Schulbildung genossen hatten, kamen sie ins Berliner Kadettenkorps, wo sie ihre Studien vervollständigten. Hier lernten sie hauptsächlich Geschichte, Geographie, Logik, Mathematik und Befestigungskunst —Kenntnisse, die ein Offizier schwerlich entbehren kann. Zugleich


1 Vgl. Bd. VI, S.229. -

2 Vgl. Bd. VI, S.242. -

3 Generalmajor Johann Jobst Heinrich Wilhelm von Buddenbrock. -

4 Für die Gründung des Kadettenkorps in Kulm vgl. S. 67.