<42>

Der Versailler Hof beschränkte sich nicht auf diese kleinen Intrigen. Er tadelte das Benehmen der Kaiserin-Königin, die sich als Frankreichs Verbündete mit Rußland und Preußen zusammengetan und die Partei der Mächte ergriffen hätte, die Frankreich als Feinde seiner Sache ansähe. Um sich an den Österreichern zu rächen, entwarf man in Versailles den Plan einer Quadrupelallianz zwischen den Höfen von Versailles, Madrid, Turin und London. Man fing an, alle möglichen Ränke zu schmieden, um England gegen Preußen und Rußland aufzuhetzen. Die französischen Sendboten streuten zahlreiche Flugschriften aus. In einigen wurde den Engländern bewiesen, welch beträchtlicher Schaden ihr Handel erlitten hätte, seit der König von Preußen im Besitz des Danziger Hafens sei. In anderen übertrieben sie die Verluste, die dem englischen Handel bevorständen, wenn die Russen freie Schiffahrt auf dem Schwarzen Meere erhielten. Diese überall ausgestreuten Schriften machten schließlich einigen Eindruck. Die englische Entrüstung war bald entflammt, und ohne zu wissen warum, zeterte das Volk, der Danziger Hafen werde Großbritanniens Handel zugrunde richten.

Ich brauche hier nicht all die Unannehmlichkeiten zu erwähnen, die aus diesem Geschrei entstanden; unerläßlich aber ist es, mitzuteilen, daß die Engländer sich an Rußland wandten und von der Zarin verlangten, ihr Gesandter solle im Verein mit dem englischen1 dem König von Preußen in seinen eigenen Staaten Gesetze vorschreiben, damit er seinen Vorteil ihren Launen opfere, gleich als gehörten diese Staaten ihm nicht mit demselben Rechte, wie den beiden anderen Mächten die von ihnen besetzten Gebiete.

Die Russen gingen nicht ganz auf diese unsinnigen Ideen der Engländer ein. Der Türkenkrieg war noch nicht beendet; der König zahlte Subsidien; sie mußten ihn also schonen. Es kam zu einigen weitläufigen Unterhandlungen mit dem Petersburger Hofe betreffs der Grenz- und Weichschölle und des Danziger Hafens2. Nach einigen Auseinandersetzungen zwischen beiden Höfen und nachdem man dem Petersburger Hofe vorgestellt hatte, daß jeder im eigenen Hause Herr sei und somit in der Verwaltung seiner Finanzen durch niemand behelligt werden dürfe, fanden die Russen diese Gründe gültig, und die Dinge blieben, wie sie waren.

Der Plan der Franzosen und Engländer war arglistiger, als wir ihn dargestellt haben. Ihre Absicht war, Preußen mit Rußland wegen des Danziger Hafens zu entzweien. Obgleich das Resultat ihrer Erwartung nicht entsprach, ließen die Engländer den russischen Hof doch merken, wie eifersüchtig und neidisch sie auf den Handel im Schwarzen Meere waren, den die Russen zu treiben beabsichtigten. Allein der Abbruch des Bukarester Kongresses befreite sie von ihren Besorgnissen.


1 Dolgoruki und Harris.

2 König Friedrich erhob Anspruch auf den Hafen von Danzig und den Hafenzoll, weil das Hafengebiet auf dem ihm durch die Teilung zugefallenen Grund und Boden von Oliva lag. Da der Danziger Magistrat diesen Anspruch bestritt, war die Mittlerrolle dem Petersburger Hofe übertragen.