<180> erloschen war. Daraus ergibt sich, daß Schlesien ebensogut zur preußischen Monarchie gehört, wie das Zeitzer und Merseburger Land zu Sachsen. Hier wie dort handelt es sich um Erbschaften, und man darf annehmen, daß in Dresden jedermann gegen einen Sophisten protestieren würde, der die wahnwitzige Behauptung aufstellte, das Zeitzer und Merseburger Land könne ungestraft angegriffen werden und man führe nicht Krieg gegen den König von Polen und Kurfürsten von Sachsen, indem man diese beiden Herzogtümer besetze.

Allein die Leidenschaft führt eine ganz andere Sprache als die Gerechtigkeit. Es liegt also auf der Hand, daß der König von Polen mit dem Augenblick, wo er den König von Preußen in einer seiner Besitzungen angreift, sei es in Schlesien, sei es wo anders, einen offenen Angriffskrieg gegen ihn führt. Wer wäre so blöde, sich nicht zur Notwehr berechtigt zu glauben, wenn er an einem seiner Glieder den Degenstich eines Bewaffneten erhält? Und wer wäre so stumpfsinnig, sich mit der albernen Ausflucht zu begnügen, sein Feind habe es nicht auf seinen Leib abgesehen, sondern nur auf seinen Arm?

Um den Sachsen jede Entschuldigung zu nehmen, wollen wir für einen Augenblick annehmen, daß ihr Einfall in Schlesien vom König nicht als Feindseligkeit aufgefaßt werden kann. Aber wie wollen sie die Einfälle ihrer neu ausgehobenen Truppen in die Neumark rechtfertigen? Soll man auch diese Provinz, ganz wie Schlesien, von denen ausnehmen, wo keine Feindseligkeiten erlaubt sind? Die reine Willkür der Sachsen soll also der Pflicht des Königs, seine Untertanen zu schützen, Schranken setzen, und Truppenmassen, die sich an einigen Stellen der Grenzen zusammenziehen und dort Einfälle machen, sollen als befreundete Heeresmacht angesehen werden, die die Pflichten guter Nachbarschaft sorgfältig pflegen? Um jedoch den Leser nicht zu lange mit diesem Thema aufzuhalten, verweise ich ihn auf den Anhang, wo das Protokoll dieses Einfalls1 wiedergegeben ist. Ich übergehe ferner ohne weiteres eine Unmenge anderer Kränkungen, die der König wiederholt von den Sachsen erlitten hat, wie Gebietsverletzungen durch den Durchmarsch von Truppen ohne Nequisitionsschreiben, Festnahme preußischer Soldaten und Rekruten, die auf dem Heimweg aus dem Reiche durch Sachsen marschierten, Intrigen, schwarze Machenschaften und unerlaubte Ränke, um den König mit seinen guten Nachbarn und Alliierten, den Polen, zu entzweien, deren Freiheit sozusagen an den Erfolg des Königs und die Erhaltung Schlesiens geknüpft ist.

Es scheint, daß die Geduld und Mäßigung des Königs nun ein Ende haben. Aber Seine Majestät hat Mitleid mit einem benachbarten unglücklichen Volke, das an den ihm zugefügten Kränkungen unschuldig ist; und da er das Elend und die unvermeidlichen Verheerungen des Krieges kennt, hat er die gerechte Vollstreckung seiner


1 Die in unserer Ausgabe nicht aufgenommene „Note über die von den irregulären Truppen des Königs von Polen und Kurfürsten von Sachsen in der Neumark begangenen Feindseligkeiten“ enthält die eingehende Schilderung dieser Ausschreitungen.