<179> man muß gestehen: für christliche und gesittete Völker ist eine Kriegführung schmachvoll, vor der selbst Barbaren erröten müßten.

Während so viele Greuel in Schlesien verübt wurden und es dem Himmel, dem gerechten Vergelter aller Verbrechen, gefiel, sie so auffällig, augenscheinlich und streng zu strafen, behauptete man in Dresden kaltblütig, Sachsen stände nicht im Kriege mit Preußen, und der Herzog von Weißenfels1 hätte mit seinen Truppen nicht die Erbländer des Königs angegriffen, sondern nur seine neuen Erwerbungen. Das Dresdener Ministerium gefiel sich in solchen Sophistereien, gleich als wären kleine scholastische Spitzfindigkeiten und kindische Wortklaubereien von Haarspaltern hinreichende Gründe zur Rechtfertigung seines illegitimen Vorgehens2.

Nichts ist leichter, als die Widerlegung so schwacher Argumente. Beide Staaten hatten in Frieden gelebt, bevor die Hilfstruppen des Kaisers in Böhmen einrücken. Wer ihren kurzen Marsch durch Sachsen haben die Minister des Königs von Polen laut, aber zu Unrecht, gezetert.

Verfolgen wir nun das Benehmen des Königs von Preußen bei diesem Durchmarsch3. Dem Einrücken der Armee war das Requisitionsschreiben des Kaisers vorangegangen. Die Truppen hielten sich unterwegs kaum auf und bezahlten bis auf die Fourage alles, was ihnen auf ihrem Marsche zur Verpflegung geliefert worden ist. Die Verpflichtungen des Königs, der Drang der Umstände und die geographische Lage des Landes ließen Seiner Majestät keine Wahl zwischen den Wegen, die man einschlagen konnte. Hätte der König Sachsen verderben wollen: wer hätte ihn dann hindern können, mit seinen 60 000 Mann die Handvoll Sachsen zu entwaffnen, die ihre Heimat beschützten, und sich zum Herrn des Landes zu machen? Aber haben die Dachsen ein Recht, den König so schwarzer Pläne zu zeihen? Hat dies undankbare Volk schon die Schlacht bei Chotusitz4 vergessen, wo der König allen Gefahren einer Schlacht trotzte, um die sächsische Grenze vor etwaigen Einfällen der Österreicher zu schützen, nachdem die Sachsen selbst den König in Mähren im Stich gelassen, sich in den Saazer Kreis zurückgezogen und ihre Grenzen am rechten Elbufer unverteidigt gelassen hatten?

Abgesehen von dem Durchmarsch der preußischen Truppen durch Sachsen bestand das gute Einvernehmen zwischen beiden Königen wenigstens äußerlich fort, und die beiderseitigen Gesandten blieben nach wie vor an den beiderseitigen Höfen.

Neid und Eifersucht allein und ungerechter, zügelloser Ehrgeiz konnten den König von Polen zu den Vereinbarungen des Warschauer Vertrages und zu den späteren Abmachungen bewegen. Schlesien war seit dem Breslauer Frieden von ganz Europa als preußisch angesehen worden; es war ein Erbe seiner Väter, das der König zurückgefordert und erobert hatte, nachdem das Haus Österreich im Mannessiamm


1 Der Führer der sächsischen Truppen.

2 Vgl. Bd. II, S. 246.

3 Im August 1744 (vgl. Bd. II, S. 172f.).

4 17. Mal 1742 (vgl. Bd. II, S. 114ff.).