<111> werden. Die Erbfolge in Bayern sollte den rechtmäßigen Erben gesichert werden. Der Kurfürst von Sachsen sollte vom Pfälzer eine Geldentschädigung für den Allodialbesitz erhalten und der Wiener Hof ihm seine vorgeblichen Rechte auf alle in Sachsen liegenden Lehen abtreten. Der Herzog von Mecklenburg sollte als Entschädigung für seine Ansprüche in Bayern irgend ein erledigtes Reichslehen erhalten. Der Wiener Hof sollte dem König von Preußen keine Schwierigkeiten wegen seiner Erbfolge in Ansbach und Bayreuth mehr machen; Frankreich und Rußland und das Reich sollten den Vertrag garantieren.

Mit diesem Schriftstücke reiste Thugut nach Wien und kehrte danach mit einem Haufen heimtückischer Vorschläge zurück, mit denen Fürst Kaunitz ihn ausgestattet hatte (10. August), An der Gestalt, die die Verhandlung annahm, merkte der König, daß sie nicht zum Ziele führen konnte. Außerdem paßte es ihm nicht, mit einem Manne vom Schlage Thuguts zu verhandeln. Infolgedessen sandte er ihn nach Braunau, wo er seine Arglist vor seinen Ministern Graf Finckenstein und Hertzberg zum besten geben konnte. Sie schickten ihn nach einigen Tagen unverrichteter Dinge nach Wien zurück (15. August). Der ganze Inhalt dieser Unterhandlungen wurde den Ministern in Frankreich und Rußland mitgeteilt, damit sie sich von der selbstlosen Haltung Preußens überzeugten und sich nicht durch die falsche Darstellung irreführen ließen, die ihnen die Wiener Minister geben würden.

Die Kaiserin-Königin wünschte ehrlich den Frieden. Sie kannte den kriegerischen Ehrgeiz ihres Sohnes, des Kaisers, und fürchtete den Verlust oder die Schwächung ihrer Autorität. Allein ihr Minister, Fürst Kaunitz, stand ihr schlecht bei. Mit dem Instinkt eines Höflings schloß er sich lieber an den Kaiser an, dessen Jugend ihm eine glänzendere Perspektive für seine Familie eröffnete, als an die alternde Kaiserin, von der er keine Gnadenbeweise mehr zu erwarten hatte. Es ist nun einmal das Los aller menschlichen Dinge, daß kleine Interessen die größten Fragen entscheiden!

Als der Kaiser von der Unterhandlung Thuguts erfuhr, schäumte er. Er schrieb an seine Mutter, wenn sie Frieden schließen wolle, so kehre er nie nach Wien zurück, sondern werde lieber in Aachen oder sonstwo regieren, als ihr je wieder unter die Augen treten. Die Kaiserin ließ den Großherzog von Toskana1 kommen und schicke ihn sofort zur Armee, um seinen Bruder, den Kaiser, zu beschwichtigen und ihm friedlichere Gesinnungen einzuflößen. Der Erfolg dieser Zusammenkunft war ein Bruch zwischen beiden Brüdern, die bis dahin im besten Einvernehmen gelebt hatten.

Die Kriegsbegeisterung des jungen Kaisers kam von den falschen Begriffen, die er sich vom Ruhme gemacht hatte. Er wähnte, es genüge, Lärm in der Well zu machen, Provinzen an sich zu reißen, seine Herrschaft auszudehnen und Heere zu befehligen, um Rühm zu erwerben. Den Wert der Gerechtigkeit, Billigkeit und Be-


1 Großherzog Leopold.