<110> Dieser angebliche Sekretär war Thugut, der frühere österreichische Gesandte in Konstantinopel. Er überbrachte einen Brief der Kaiserin-Königin an den König1. Wir geben nur seinen Inhalt wieder. Die Kaiserin drückte ihren Kummer über die entstandenen Zwistigkeiten und Wirren aus, ihre Besorgnis um die Person des Kaisers, den Wunsch, einen Mittelweg zur gegenseitigen Versöhnung zu finden, und bat den König um eine Aussprache über diese verschiedenen Punkte. Daraufhin ergriff Thugut das Wort und sagte zum König, eine Verständigung wäre leicht, wenn man ehrlich zu Werke ginge. Die Absicht der Österreicher war, den König durch vorteilhafte Angebote zu bestechen, damit er von der Unterstützung des Kurfürsten von der Pfalz Abstand nahm. Zu dem Zwecke versicherte Thugut, sein Hof würde sich nicht nur der etwaigen Erbfolge des Königs in den Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth2 nicht widersetzen, sondern böte Preußen auch seinen Beistand zum Austausch dieser Markgrafschaften gegen Grenzländer Brandenburgs, wie die Lausitz oder Mecklenburg, an, falls er glaube, daß dies in seinem Vorteil liege.

Der König entgegnete Thugut, sein Hof vermische Dinge miteinander, die in keinem Zusammenhang stünden, nämlich sein rechtmäßiges und unbestreitbares Erbfolgerecht auf Ansbach und Bayreuth mit der widerrechtlichen Eroberung Bayerns und den Vorteil seiner Staaten mit dem Reichsinteresse, das er verträte. Wolle man sich verständigen, so müßte der Wiener Hof unbedingt auf einen Teil von Bayern verzichten, und es müßten Vorkehrungen dagegen getroffen werden, damit nicht in Zukunft Akte eines so gewalttätigen Despotismus die Ruhe des Deutschen Reiches und seine Grundfesten erschütterten. Was aber jene Erbfolge beträfe, so sei er weit entfernt, irgend einen Fürsten zum Austausch seiner Staaten gegen Ansbach und Bayreuth zu zwingen; wenn ein solcher Tausch stattfände, müßte es aus freien Stücken geschehen.

Der König fügte hinzu: Da diese Verhandlungen nur mündlich stattfänden, st wolle er der Kaiserin offenbare Beweise seiner friedlichen Gesinnung geben, indem er einige Hauptartikel aufsetze, die als Grundlage zu dem beabsichtigten Vertrage dienen könnten. Thugut erbot sich zum Sekretär, aber der König, der weder seinem Stil noch seinen Absichten traute, brachte sie selbst zu Papier. Sicherlich hätte die Kaiserin-Königin mit ihrer Annahme viel gewonnen. Der russische Hof hatte sie noch nicht erklärt; Frankreich riet Österreich zum Frieden; allein seine Ratschläge machten wenig Eindruck auf den feurigen, heftigen Charakter des jungen Kaisers und den. herrischen Fürsten Kaunitz.

Nachfolgend der Inhalt dieses Vorschlages. Die Kaiserin sollte Bayern an den Kurfürsten von der Pfalz herausgeben, mit Ausnahme von Burghausen, den Sati-nen3 und einem Teil der Oberpfalz. Die Donau sollte frei bleiben und die Blockade von Regensburg, die durch die Besetzung von Stadtamhof4 erfolgt sei, aufgehoben


1 Der Brief Maria Theresias ist vom 12. Juli 1778 datiert. -

2 Vgl. S. 18.

3 Von Reichenhall.

4 ¼ Meile nordwestlich von Regensburg an der Donau.