<109> Zufuhr und General Anhalt1 mit 12 Bataillonen und 20 Schwadronen ganz rechts von der Armee nach Pilnikau, gegenüber von Arnau und Neuschloß.: Doch war seine Verbindung mit dem Gros durch den Silvawald gesichert, wo die Preußen Postierungen stehen hatten.

Während dieser Truppenbewegungen in Böhmen war die Armee des Kaisers völlig mit sich selbst beschäftigt. Die Furcht, von Stunde zu Stunde angegriffen zu werden, ließ garnicht den Gedanken aufkommen, Verstärkungen an Feldmarschall Laudon zu schicken; So erreichte Prinz Heinrich Dresden ohne jeden Widerstand. Von dort trieb er Detachements nach Böhmen vor, und zwar am linken Elbufer, rückte aber selbst ziemlich schnell, wenn auch unter großen Schwierigkeiten, nach der Lausitz, während General Platen2 mit etwa 20 000 Mann zur Deckung Dresdens zurückblieb. Nachdem 18 000 Sachsen zu seinen Truppen gestoßen waren, drang Prinz Heinrich in mehreren Kolonnen in Böhmen ein. Diese umgingen und attackierten die feindlichen Detachements in Schluckenau, Numburg und Gabel, vertrieben sie und nahmen ihnen 1 500 Mann nebst 6 Kanonen ab. Prinz Heinrich ließ rings um Gabel Verschanzungen aufwerfen, mit deren Verteidigung die Sachsen betraut wurden. Mit dem Gros der Armee rückte er nach Niemes, wo er eine starke Lagerstellung bezog (9. August).

Die Kaiserlichen waren auf diesen Streich nicht gefaßt: er warf alle ihre Verteidigungspläne über den Haufen. Überstürzt verließ Feldmarschall Laudon die Stellung bei Aussig und Dux und, was noch mehr überraschen muß, seine Befestigungen von Leitmeritz nebst dem dortigen Magazin. Flugs benutzte General Platen diesen Fehler. Er nahm Leitmeritz, rückte auf Budin an die Eger und schob seine Avantgarde bis Welwarn vor, das nur 3 Meilen von Prag entfernt liegt. Schrecken und Bestürzung verbreiteten sich in der ganzen Stadt; der hohe Adel, der sich dort hinbegeben hatte, ergriff die Flucht, und Prag blieb tagelang wie verödet. Nachdem Feldmarschall Laudon, wie berichtet, das ganze linke Elbufer aufgegeben hatte, fühlte er sich erst in Münchengrätz, bei Junng-Bunzlau, wieder sicher. Da die Feinde alles für die Armee des Kaisers befürchten mußten, über die Prinz Heinrich herfallen konnte, wenn er gewollt hätte, so besetzte Laudon den ganzen Lauf der Iser, die zwischen Felsen oder zwischen Sümpfen dahinfließt, mit starken Detachements. In Oberschlesien hatten die Preußen zwei kaiserliche Dragonerregimenter in ihrem Lager bei Heidenpiltsch überrumpelt und fast gänzlich vernichtet.

Unter diesen Umständen, wo der Krieg entschieden war, wo die Preußen schon einige Erfolge errungen hatten und in Böhmen vier große Armeen gegeneinander operierten, trifft in Wölsdorf ein Fremder ein, der sich als Sekretär des russischen Gesandten in Wien, Prinz Galizin, ausgibt und den König sprechen will (16. Juli).


1 Generalmajor Heinrich Wilhelm von Anhalt. -

2 Generalleutnant Dubislav Friedrich von Platen.