<112>sonnenheit empfand er nicht. So nötig ist es, daß die Herrscher sich von allen Dingen klare Begriffe machen! Ebenso falsch waren seine militärischen Anschauungen. Er meinte, die bloße Anwesenheit des Kaisers beim Heere genüge, damit es reiche Lorbeeren ernte. Die Erfahrung hatte ihn noch nicht lehren können, wieviel Arbeit und Mühe man auf sich nehmen muß, um nur ein kleines Lorbeerreis zu pflücken. Er hatte oft sagen hören, saß ein Heerführer wachsam sein müsse, und so sah er seine Aufgabe darin, fortwährend vom rechten bis zum linken Flügel durch sein Lager zu reiten, ohne je die Verschanzungen zu verlassen, selbst wenn Scharmützel oder Fouragierungen unter seinen Kanonen stattfanden.

Nachdem wir jene Verhandlung und alles, was darauf Bezug hat, berichtet haben, ist es Feit, die Kriegsoperationen der vier Heere wieder aufzunehmen, die einander in Böhmen beobachteten. Die Stellung der kaiserlichen Armee dem König gegenüber von Königgrätz bis Arnau war genau rekognosziert worden. Es blieb nur noch festzustellen, ob jenseits noch Truppen bei Hohenelbe und nach dem Hochgebirge zu standen. General Anhalt, der, wie gesagt1, rechts vom preußischen Lager nach den Dörfern Pilnikau und Kottwitz detachiert war, erhielt Befehl, Streifkorps nach Lattgenau vorzuschieben und selbst dorthin zu reiten, um genauen Bericht von den dortigen Verhältnissen zu geben. Er sah zunächst ein befestigtes Lager hinter Neuschloß. Weiterhin fand er nur zwei Bataillone auf den Höhen gelagert, die die Stadt Hohenelbe beherrschen.

Diese genau festgestellte Tatsache diente zur Grundlage für den neuen Plan, den der König faßte, als er die Armee kräftig nach dieser Seite warf. Dort konnte.der Elbübergang erzwungen werden: zwei Bataillone vermochten ihn nicht zu verteidigen. Gelang das Unternehmen, so konnte man sich die glänzendsten Erfolge versprechen, besonders wenn Prinz Heinrich von Niemes über die Iser vorstieß. Reichten sich die beiden preußischen Heere die Hand, so standen sie in Flanke und Rücken der Armee des Kaisers, die sich nur durch eine Schlacht behaupten, oder falls sie ihre weitgedehnten Verschanzungen verlassen mußte, erst hinter den Gitschiner Teichen eine sichere Stellung finden konnte. Ja, selbst diese Stellung war zu umgehen, und dann war sie gezwungen, sich nach Pardubitz zu flüchten, wo sie durch die Bohdanetscher Teiche und den Ablauf gesichert war.

So schön dieser Plan war, seine Ausführung bot große Schwierigkeiten. Erstens konnte man nur durch Hohlwege und Defileen an die Elbe gelangen und mußte auf diesen Wegen eine zahlreiche Artillerie mitschleppen, was äußerst schwer war. Das zweite war die Verproviantierung der Armee. Ging man über die Elbe, so konnte man das Brot nur bis auf 5 Meilen vom Flusse mitführen; ein weiterer Transport hätte sich durch den Pferdemangel verboten. Drittens war es schwer,


1 Vgl. S. 109.