<69>„Fort! Gib mir morgen hier ein Stelldichein;
„Der Himmel halt' uns dann das Volk vom Leib
„Und geb' uns Sonnenschein und Zeitvertreib!“
„Sieh wenigstens Dein eignes Unrecht ein;
„Du tadelst““, sprach ich, „all dies Plänemachen;
„Doch statt der andern Schwächen zu verlachen,
„Wär's klüger, Dich von Deinen zu befrein.
„Genießen wir doch heut den schönen Garten,
„'s ist sichrer, als das Morgen abzuwarten.
„Wie bald nagt an der reifen Frucht der Wurm,
„Und auf den schönsten Tag folgt Wettersturm.“

Das, Bruder, ist ein echtes Sittenbild!
Sieh diese Toren, wie sie wahnerfüllt,
Verzehrt von Wünschen, Hirngespinste nähren,
Sich blind erheben über ihre Sphären,
Das Einst betrauern und dem Heute grollen
Und auf die Zukunft baun ihr schwaches Hoffen!
Weit sehen sie des Glückes Tore offen,
In Tagen lebend, die noch kommen sollen,
Und töricht quälen sie mit eitlem Sehnen
Die Himmlischen und mit vermeßnen Plänen.
Erfüllten doch die Götter ihr Begehren —
Ihr Zorn könnt' ihnen Schlimmres nicht bescheren!

Tun wir des Schicksals Tempel ihnen auf!
Sieh dort den unzufriednen Menschenhauf,
Der ewig zwischen Furcht und Hoffnung schwankt
Und stets vom Gott ein beßres Los verlangt!
Doch der versetzt: „Erzittre, Kreatur!
„Umsonst ist's, meinen Ratschluß umzustoßen!
„Blick' in die Zukunft, sieh der Dinge großen
„Zusammenhang, das Räderwerk der Weltenuhr:
„Da beugt sich alles der Notwendigkeit!
„Doch seht, die Zeit und Wahrheit sind bereit,
„Im Fluge jedes Schicksal aufzurollen,
„Das Los zu zeigen, das ich Euch beschieden.
„Doch welch Ereignis in der wechselvollen
„Zukunft stellt Eure Wünsche je zufrieden?
„Entsagt dem eitlen Trachten nach dem Glück;