3. Kapitel Die Verpflegung und das Feld Kriegskommissariat15-1

„Wenn man eine Armee aufbauen will“, sagte ein großer Feldherr, „muß man mit dem Magen anfangen; denn er bildet die Grundlage 15-2.“

Ich teile diesen Gegenstand in zwei Abschnitte. Der erste handelt davon, wo und wie man Magazine anlegen soll, der zweite davon, wie man seine Magazine transponieren muß. Die erste Regel ist, daß Ihr Euer Hauptmagazin stets hinter Euch, und zwar in einer befestigten Stadt anlegt. In unsren schlesischen und böhmischen Feldzügen hatten wir unser großes Magazin zu Breslau, und zwar, weil die Oder uns die Ergänzung sehr bequem machte. Legt man sein Hauptmagazin vor der Armee an, so läuft man Gefahr, es beim ersten Fehlschlag zu verlieren, und dann ist man aller Mittel bar. Legt man die Magazine aber staffelförmig hintereinander an, so führt man den Krieg mit Vernunft, und ein kleines Unglück kann nicht Euren gänzlichen Untergang nach sich ziehen. Die Magazine in der Kurmark müssen in Spandau und Magdeburg sein. Das Magdeburger dient wegen der Elbe bei einem Offensivkrieg gegen Sachsen, wie das Schweidnitzer bei einem Offensivkrieg gegen Böhmen.

In der Wahl der Kommissariatsbeamten muß man sehr vorsichtig sein. Denn sind es Betrüger, so verliert der Staat zu viel dabei. Darum muß man sie durch ehrliche Leute beaufsichtigen lassen.

Die Magazine werden auf zweierlei Art errichtet. Entweder läßt man vom Adel und von den Bauern Getreide zum Magazin liefern und schreibt es ihnen von der Kontribution15-3, und zwar nach der Kammertaxe ab, oder, wenn das Land selbst nicht<16> genug Vorrat an Getreide hat, schließt man Kontrakte mit Lieferanten. Der Kriegskommissar muß seine Kontrakte selbst machen und unterschreiben. Wir haben auch eigens gebaute Schiffe, um Mehl und Hafer auf den Kanälen und Flüssen zu befördern. Zu den Lieferanten muß man nur im äußersten Notfall seine Zuflucht nehmen. Es sind Wucherer, die den Preis aufschlagen und die Ware viel zu teuer verkaufen. Ferner muß man seine Magazine im voraus und beizeiten anlegen, damit alles vorrätig ist, wenn die Armee ihre Quartiere verläßt und ins Feld rückt. Mattet man zu lange damit, so verhindert entweder der Frost den Transport zu Wasser, oder die Wege werden so grundlos, daß man die nötigen Vorräte nur mit großen Schwierigkeiten zusammenbringen kann, oder die feindlichen Streifkorps durchkreuzen alle getroffenen Maßnahmen.

Außer den Brotwagen, die den Regimentern das Brot für fünf Tage nachfahren, hat das Kommissariat seine eigenen Proviantwagen. Dies Fuhrwerk zusammengenommen kann der Armee für einen Monat Proviant zuführen. Indes muß man, wo es möglich ist, die Flüsse benutzen; sie allein können eine Armee reichlich versorgen. Die Proviantwagen müssen mit Pferden bespannt sein. Wir haben einmal Ochsen benutzt, sind damit aber schlecht gefahren. Die Stallmeister, die bei den Proviant, wagen und dem Artilleriefuhrwerk sind, müssen die Pferde gut pstegen, und der Heer, sichrer muß streng darauf sehen; denn durch den Abgang der Pferde verringert sich die Zahl der Prooiantwagen und mithin auch die Zufuhr der Armee. Außerdem, wenn diese Pferde nicht gut verpflegt werden, halten sie die Anstrengungen nicht aus. Ihr verliert bei schweren Märschen Eure Pferde, Eure Prooiantwagen und Euer Mehl. Kommen solche Verluste öfter vor, so haben sie üble Folgen, die selbst die großen Kriegspläne beeinträchtigen. Daher muß der Heerführer besondere Aufmerksamkeit auf diese für ihn so wichtigen Einzelheiten lichten. Im Kriege gegen Sachsen haben wir die Elbe für uns, und zur Verteidigung Schlesiens die Oder. In Ostpreußen müßte man das Meer benutzen; in Böhmen und Mähren ist man allein auf die Prooiantwagen angewiesen.

Bisweilen errichtet man drei bis vier Lebensmitteldepots in einer Linie. So machten wir es 1742 in Böhmen. Wir hatten Magazine in Pardubitz, Nimburg, Podiebrad und Brandeis, damit wir dem Feinde zur Seite bleiben und ihm nach Prag folgen konnten, falls er seinen Marsch dorthin richtete. Beim letzten Feldzug in Böhmen (1745) lieferte Breslau den Proviant nach Schweidnitz und Schweidnitz nach Iaromircz, und von Iaromircz aus wurde die Armee versorgt. Außer den Proviantwagen führte die Armee eiserne Backöfen mit sich. Da sie nicht ausreichten, so habe ich sie vermehren lassen. An allen Ruhetagen muß Brot im voraus gebacken wer, den, und bei allen Unternehmungen muß man für zehn Tage Brot und Zwieback mitfühlen. Der Zwieback ist sehr nützlich, aber unsre Soldaten essen ihn nur in Suppen und wissen nichts damit anzufangen. Marschiert man in Feindesland, so bringt man seinen Mehlvorrat in einer der Armee benachbarten Stadt unter, in die <17>man eine Besatzung legt. Im Jahre 1745 hatten wir unfern Mehlvorrat in Böhmen, erst in Neustadt und nachher in Iaromircz, gegen Ende des Feldzuges aber in Trautenau. Wären wir weiter vorgerückt, so hätten wir nirgends ein sicheres Depot anlegen können als in Pardubitz. Ich habe für jede Kompagnie Handmühlen machen lassen, was von großem Nutzen sein wird. Getreide findet man überall. Mit Hilfe dieser Mühlen kann man es von den Soldaten mahlen lassen, die das Mehl an das Feld-Kriegskommissariat abliefern und dagegen gebackenes Brot aus dem Magazin erhalten. Mischt man dies Mehl zu gleichen Teilen mit dem Proviantmehl, so schont man die Magazine und kann sich länger in demselben Lager halten, als sonst. Auch erspart man sich dadurch viele Transporte.

Da ich bei den Transporten bin, will ich hier alles anschließen, was diesen Gegenstand betrifft. Die Stärke der Bedeckungen richtet sich nach dem Feinde, den man zu befürchten hat, und nach der Anzahl der zu bedeckenden Wagen. In die Städte, die der Proviantzug passiert, legt man Infanterie, um ihm Stützpunkte zu geben. Man schickt auch wohl öfters große Detachements zur Deckung der Proviantzüge ab, wie wir es in Böhmen getan haben. In schwierigen Gegenden deckt man die Proviantzüge am sichersten durch Infanterie, der wir nur wenige Husaren beigeben, um zu rekognoszieren und die Infanterie zu benachrichtigen, wo der Feind sich versteckt hält. Auch in der Ebene habe ich lieber Infanterie als Kavallerie zur Bedeckung genommen und bin dabei allemal gut gefahren. Wegen der übrigen Details solcher Bedeckungen berufe ich mich auf mein Reglement17-1 und setze nur noch hinzu, daß der Heerführer nie Vorsicht genug anwenden kann, um seine Proviantzüge zu sichern17-2.


15-1 Vgl. Bd. VII, S. 180 f.

15-2 Vgl. Bd. II, S. 189.

15-3 Die auf dem platten Lande erhobene Steuer.

17-1 Reglement vor die königl. Preußische Infanterie, S. 340—344: „Wie es bei den Escortes und bei Bedeckung der Armee soll gehalten werden.“

17-2 Zusatz von 1752: „Eine gute Art, Proviantzüge zu decken, besieht darin, daß man im Voraus die Defileen besetzt, durch die der Zug hindurch muß, und die Bedeckungstruppen eine halbe Meile vorwärts nach dem Feinde zu aufstellt; dadurch bleibt der Zug verborgen und sein Marsch in gewisser Weise maskiert,“