<91> auf beiden Seiten alles gleichmäßig eingesetzt wild. Allemal, wenn man den Feind angreifen will, hängt die Art, wie man zu kämpfen hat, vom Gelände und von den Vorteilen ab, die der Feind sich zu verschaffen weiß. Jeder Angriff auf eine feste Stellung gehört zum Gefecht. Ein Feind, der den Kampf vermeiden will, sucht seinen Vorteil in einem schwer zugänglichen Gelände, das von Schluchten und Hohlwegen durchschnitten, von Wäldern oder Flüssen beengt ist. Er lagert sich auf dem Gipfel von Bergen oder Anhöhen, besetzt Dörfer, errichtet Batterien, befestigt sein Gelände je nach dessen Beschaffenheit, stellt jede Waffe an den geeigneten Fleck, verstärkt seine Infanterie durch die Kavallerie und umgekehrt, deckt sich durch spanische Reiter, Schanzen und Befestigungen. Alle diese verschiedenen Maßregeln, die dem jeweiligen Gelände angepaßt sind, erfordern verschiedene Dispositionen von feiten des Angreifers. Das Gelände ist das erste Orakel, das man befragen muß. Danach läßt sich die Disposition des Feindes aus den allgemeinen Kriegsregeln erraten. Aus ihnen kann man auf seine ganze Anordnung und auf die von ihm benutzten Listen und Vorsichtsmaßregeln schließen, um demgemäß seine eignen Anstalten zu treffen.

Da Worte nie so anschaulich wirken wie eine Zeichnung, die dem Auge alles Wissens-werte sofort darstellt und zugleich ein langes und langweiliges Gerede erspart, so gebe ich hier Pläne von verschiedenen Stellungen nebst den verschiedenen Angriffsarten1. Ich nehme dabei an, daß meine Armee 55 Bataillone und 110 Schwadronen stark ist, und füge die Hauptregeln hinzu, die man stets beachten muß:

1. Marschiert man in geschlossenen Kolonnen, so soll man 1500 Schritt vom Feinde aufmarschieren, aber nie näher, da sonst das Geschütz Verheerungen anrichtet.

2. Bildet man die schräge Schlachtordnung2, so muß man mit dem Angriffsflügel einen Teil der feindlichen Truppen überflügeln. Geschieht das nicht und Ihr geht zum Angriff vor, so umfaßt Ihr den Feind nicht nur nicht, sondern bei der Art von Viertelschwenkung, die Ihr gegen den Feind machen müßt, stoßt Ihr mit der Kavallerie auf die zweite oder dritte feindliche Schwadron und mit der Infanterie auf das zweite oder dritte Bataillon oder bestenfalls auf den äußersten feindlichen Flügel, überragt ihn also nicht mehr.

3. Eure Angriffstruppen und Euer äußerster Flügel müssen den Feind stets überflügeln. Nie dürft Ihr die Truppen aufs Geratewohl ansetzen, sodaß Ihr überflügelt werden könnt.

4. Die Infanterie ist stets geschlossen zu führen. Tritt eine Lücke ein, so darf dies doch nie auf dem Angriffsflügel sein.

5. Muß man Regimenter von den Flanken oder aus dem zweiten Treffen nach rechts oder links vorziehen, so ist der andre Flügel zu benachrichtigen, damit er


1 Die vom König selbst gezeichneten Pläne sind im folgenden mit den französischen Beischriften wiedergegeben.

2 Vgl. S. 65.