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Diese Art von Befestigung macht die vorspringenden Redouten zu Angriffspunkten, und da ihrer nur wenige sind, so lassen sie sich rascher ausbauen, als wenn man die ganze Front gleichmäßig stark befestigen müßte. Das Infanteriefeuer der vorspringenden Redouten muß sich kreuzen; somit dürfen sie nicht mehr als 600 Schritt von einander entfernt sein. Unste Infanterie verteidigt eine Verschanzung durch ba, taillonsweises Feuern. Jeder Mann muß mit iao Schuß versehen sein. Außerdem stellt man so viel Geschütze wie möglich zwischen die Bataillone und auf die Spitzen der Redouten. Auf größere Entfernung schießen sie mit Kugeln, von 400 Schritt ab mit Kartätschen. Gesetzt nun, der Feind dränge trotz der Stärke der Verschanzung und der Heftigkeit des Feuers irgendwo ein, dann wirft sich die Infanteriereserve auf ihn und treibt ihn zurück. Weicht aber auch die Reserve zurück, dann muß die Kavallerie ihr Äußerstes tun, um den Feind zu werfen.

V. Warum die Verschanzungen oft gestürmt werden

Die meisten Verschanzungen werden gestürmt, weil sie nicht nach den Regeln angelegt sind, weil der Verteidiger umgangen wird, oder weil die Truppen feig sind, und well der Angreifer in seinen Bewegungen freier und kühner ist. Überdies haben Beispiele gezeigt, daß, wenn eine Verschanzung an einer Stelle gestürmt ist, die ganze Armee den Mut verliert und sie verläßt. Ich glaube jedoch, unste Truppen werden mehr Entschlossenheit zeigen und den Feind zurückwerfen, so oft er eingedrungen ist. Wozu aber sollen alle diese Erfolge dienen, da Euch die Verschanzung selbst an ihrer Ausnutzung hindert?

VI. Warum die Verteidigungslinien nichts taugen

Sind schon die Verschanzungen mit so vielen Mißständen verknüpft, so ergibt sich naturgemäß, daß die Verteidigungslinien noch viel weniger taugen. Diese Mode ist in den neueren Kriegen durch den Markgrafen Ludwig von Baden aufgebracht worden1. Er ließ Linien bei Bühl anlegen, und die Franzosen machten dann andre in Flandern während des Erbfolgetrieges. Ich bleibe dabei, daß sie nichts taugen; denn sie nehmen mehr Gelände ein, als man Truppen zu ihrer Besetzung hat. Greift man sie an mehreren Stellen an, so kann man gewiß sein, sie zu erobern. Folglich decken sie das Land nicht und führen zu weiter nichts, als daß sie die Truppen, die sie verteidigen sollen, um Ruf und Ehre bringen.


1 Markgraf Ludwig von Baden, Heerführer der Kaiserlichen im Spanischen Erbfolgekrieg, legte die sogenannten Stollhofener linien an, die sich vom Abfall des Schwarzwaldes bei Bühl bis an den Rhein Straßburg gegenüber zogen. Villars griff sie 1703 mehrmals vergeblich an.