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Nachdem dies erledigt war, ging eine Abteilung Infanterie über die Oder, um aus Namslau eine österreichische Besatzung von 300 Mann zu vertreiben, die sich vierzehn Tage später kriegsgefangen gab. Der König ließ nur ein Regiment Infanterie in den Vorstädten von Breslau zurück und marschierte auf Ohlau, wohin Browne den Obersten Formentini mit 400 Mann geworfen hatte. Diese Stadt, so genannt nach einem Flüßchen, das an ihren Mauern vorbeifließt, war mit einem alten, halbverfallenen Wall und mit einem trockenen Graben umgeben; das Schloß, das ein wenig fester ist, läßt sich nur mit Geschütz einnehmen. Während man sich zu einem allgemeinen Sturm auf das elende Nest anschickte, kapitulierte es1. Die Garnison löste sich beim Ausmarsch auf, und es blieben dem Kommandanten nur noch 120 Mann, mit denen er nach Neiße geschickt ward. In Brieg stand eine feindliche Besatzung von 1 200 Mann. Um dieses sowie die übrigen Plätze zu blockieren, wurde General von Kleist mit fünf Bataillonen und vier Schwadronen detachiert.

Während der König die festen Plätze längs der Oder eingenommen oder eingeschlossen hatte, war Feldmarschall Schwerin in Frankenstein angelangt. Als er sich der Neiße näherte, welche Ober- und Niederschlesien trennt, stieß er auf die Liechtensteinischen Dragoner, die er bis nach Ottmachau trieb. Das dortige bischöfliche Schloß deckt eine Brücke über die Neiße. General Browne warf zur Sicherung seines Rückzuges drei Kompagnien Grenadiere in das Schloß. Feldmarschall Schwerin schloß sie ein. Am Tage danach stieß der König mit Mörsern und einigen Zwölfpfündern zu ihm. Sobald die Batterien in Stellung waren, ergab sich Major Müffling, der Kommandant der Besatzung, auf Gnade und Ungnade (12. Januar).

Nun blieb nur noch die Stadt Neiße einzunehmen, die stärker war als alle anderen. Die Stadt liegt jenseits der Neiße und ist mit einem sehr guten Erdwall und mit einem Graben von sieben Fuß Wassertiefe befestigt. Ringsum ist flaches, sumpfiges Gelände, das der Kommandant Roth unter Wasser gesetzt hatte. Auf der niederschlesischen Seite wird die Festung von einer Anhöhe, die 800 Schritte entfernt liegt, beherrscht. Da die strenge Jahreszeit förmliche Belagerungsarbeiten nicht zuließ, so blieb zur Einnahme des Platzes nichts als Sturm, Bombardement oder Blockade. Den Sturm hatte Roth unmöglich gemacht. Er ließ jeden Morgen den Graben aufeisen und den Wall mit Wasser begießen, welches sofort gefror. Die Bastionen und Zwischenwerke hatte er mit vielen Palisaden und Sensen versehen, um die Angreifer aufzuhalten. So mußte man auf den Sturm verzichten. Man versuchte die Stadt zu bombardieren; man warf 1 200 Bomben und 3 000 Brandkugeln hinein — umsonst! Die Standhaftigkeit des Kommandanten nötigte die Preußen, das Unternehmen aufzugeben und Winterquartiere zu beziehen. Zu gleicher Zeit kehrte Oberst Camas, der zu einem Handstreich auf Glatz abgeschickt worden war, zur Armee zurück. Ihm war infolge falscher Maßregeln sein Streich mißglückt.


1 8. Januar 1741.