<37>fluß auf ein so zurückgebliebenes Land zu gewinnen. Die Einkünfte des Königs von Polen übersteigen nicht eine Million Taler. Den größten Teil davon gaben die sächsischen Könige für Bestechungen aus, in der Hoffnung, ihrem Hause die Regierung zu erhalten und das Reich mit der Zeit in eine Monarchie zu verwandeln.

August III. war sanftmütig aus Trägheit, verschwenderisch aus Eitelkeit, unfähig zu jedem Gedanken, der Kombinationen erfordert, ohne Religion, aber seinem Beichtvater gehorsam, ohne Liebe, doch ein gefügiger Ehemann. Ferner neigte er dazu, sich durch seinen Günstling, den Grafen Brühl, leiten zu lassen. Das größte Hindernis, das seiner Erhebung auf den polnischen Thron im Wege stand, war seine Trägheit. Die Königin, seine Gemahlin1, war eine Tochter Kaiser Josephs und eine Schwester der Kurfürstin von Bayern2. Tisiphone und Alekto konnten im Vergleich zu ihr für Schönheiten gelten. Die Hervorragendste Eigenschaft ihres Geistes war starrer Eigensinn. Hochmut und Aberglaube kennzeichneten ihren Charakter. Sie hätte Sachsen gern katholisch gemacht. Aber das war nicht an einem Tage zu bewerkstelligen.

Graf Brühl und Hennicke waren die Minister Sachsens. Der erste war Page gewesen, der zweite Lakai. Brühl, dem vorigen König treu ergeben, war es auch in erster Linie, der August III. den Weg zum Throne bahnte. Zum Danke dafür wandte dieser ihm die gleiche Gunst zu wie seinem damaligen Liebling Sulkowski3. Konkurrenz erzeugt Neid, und der entstand bald zwischen den beiden Nebenbuhlern. Sulkowski hatte einen Plan entworfen, demzufolge August nach dem Ableben Kaiser Karls VI. sich Böhmens bemächtigen sollte, auf das er Erbansprüche erhob: seine Gemahlin sollte als Tochter des Kaisers Joseph I., des ältesten der beiden habsburgischen Brüder, ein näheres Anrecht darauf haben als die Tochter des jüngeren Bruders4. Der König fand an diesem Plane Gefallen. Um seinen Rivalen zu stürzen, beging Brühl die Niedertracht, das Projekt dem Wiener Hofe zu verraten, der nun in Gemeinschaft mit ihm daran arbeitete, den Urheber eines für Österreich so gefährlichen Unternehmens in die Verbannung zu schicken. Durch diesen Schritt wurde Brühl an das Interesse des neuen österreichischen Hauses gekettet. Dieser Minister kannte nur die Listen und Ränke, von denen die Staatskunst kleiner Fürsten lebt. Er war doppelzüngig, falsch und zu den niederträchtigsten Handlungen bereit, wenn es seine Stellung galt. Er war in seinem Zeitalter der Mann, der die meisten Kleider, Uhren, Spitzen, Stiefel, Schuhe und Pantoffeln besaß. Cäsar hätte ihn zu den wohlfrisierten und parfümierten Köpfen gezählt, vor denen er sich nicht fürchtete. Es gehörte ein Fürst wie August III. dazu, wenn ein Mensch vom Schlage Brühls die Rolle des Premierministers spielen konnte.

Die sächsischen Generale waren nicht die ersten Kriegshelden Europas. Der Herzog von Weißenfels besaß Mut, aber nicht Geist genug. Rutowski, König Augusts II.


1 Maria Josepha.

2 Maria Amalia, Gemahlin des Kurfürsten Karl Albert.

3 Graf Alexander Joseph Sulkowski, kursächsischer Kabinettsminister und General; 1738 gestürzt.

4 Maria Theresia, die Tochter Kaiser Karls VI.