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2. Genießen ihre Höfe die in der Goldenen Bulle geforderte Freiheit?

3. Haben nicht einige von ihnen durch Versprechungen oder Bestechungen sich dieser Freiheit begeben?

Der erste Punkt betraf den Gesandten Böhmens, der nicht zugelassen werden sollte. Der zweite bezog sich auf den pfälzischen Gesandten, dessen Sekretär vor den Toren Frankfurts von den Österreichern rechtswidrig aufgehoben war. Im dritten Falle befand sich fast das ganze kurfürstliche Kollegium.

Die beiden Gesandten legten schließlich gegen die Wahlversammlung Verwahrung ein und erklärten sie so lange für unrechtmäßig, als bis ihre Beschwerden abgestellt wären. Danach zogen sie sich zurück. Wie ein unrechter Schritt stets andre zur Folge hat, so überstieg die österreichische Kabale nun alle Schranken des Anstandes. Ohne Rücksicht auf den erwähnten Protest wurde die Kaiserwahl auf den 13. September festgesetzt. Der brandenburgische und der pfälzische Gesandte begaben sich nun nach Hanau unter erneutem Einspruch gegen die gesetzwidrige und parteiische Wahlversammlung, deren Beschlüsse und Maßnahmen sie für null und nichtig erklärten.

Zur großen Befriedigung des Königs von England und der Königin von Ungarn wurde der Großherzog von Toskana am 13. September gewählt. Nun entstand die Frage, ob es für den König von Preußen vorteilhafter war, den neuen Kaiser einfach anzuerkennen oder völlig mit ihm zu brechen, indem er weder die Wahl noch den Gewählten anerkannte. Der König hielt die rechte Mittelstraße zwischen beiden Extremen ein: er hüllte sich in tiefes Schweigen. Konnte er doch Frankreich nicht bewegen, das zu Frankfurt Geschehene umzustoßen, und wenn er andrerseits den Kaiser ohne weiteres anerkannte, so behielt er keinen Trumpf in der Hand, den er beim Friedensschluß ausspielen konnte.

Die Königin von Ungarn sonnte sich zu Frankfurt bereits im Glanze der Kaiserkrone, die sie ihrem Gemahl mit solcher Mühe aufs Haupt gesetzt hatte. Sie überließ dem Kaiser den äußeren Prunk und behielt die Macht für sich. Ja, sie hörte es nicht ungern, wenn man sagte, der Großherzog sei nur das Schattenbild der Kaiserwürde, sie aber deren Seele. Sie zeigte sich zu Frankfurt in ihrem ganzen Stolz und Übermut, behandelte die Fürsten wie ihre Untertanen, ja, gegen den Prinzen Wilhelm von Hessen1 war sie mehr als unhöflich. In ihren Reden erklärte sie öffentlich, sie wolle lieber ihren Rock am Leibe als Schlesien missen. Vom König von Preußen sagte sie, er besäße zwar einige große Eigenschaften, verdunkle sie aber durch Wankelmut und Ungerechtigkeit.

Der König hatte durch geheime Sendboten einige Andeutungen über den Frieden fallen lassen, die aber sämtlich verworfen wurden. Die Standhaftigkeit der Kaiserin artete bisweilen in Starrsinn aus. Sie war von der Kaiserwürde, die sie wieder an ihr Haus gebracht hatte, wie berauscht. Sie sah nur lachende Perspektiven und glaubte


1 Er gehörte zur Partei Karls VII. (vgl. S. 143. 155).