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35. An Voltaire
(8. September 1751)

Ein Fünklein war es, das entglimmt;
Ein heilig Feuer schien's dem jungen Toren;
Er hielt sich selber hochgestimmt
Für einen Dichter auserkoren.
Der Dichtkunst sklavisch Untertan,
Hab' ruhelos ich Reim um Reim gepaart.
Als ich erwacht aus meinem Wahn,
Erkannt' ich, daß ein Irrlicht mich genarrt.
Streng hat mich die Vernunft nun aufgeklärt;
Ihr Blick, durchdringend, klar und hehr,
Hat von dem Wahn und Dünkel mich bekehrt.
So laß ich denn dem strahlenden Voltaire
Apollos Reich, das Zepter des Homer.
Kein andrer Wunsch ist mir zu eigen,
Als ihm zu lauschen und zu schweigen.