<125>Mit unserm letzten Hauche hat alle Pein ein End,
Wie sollte vor dem Tode der bangen, der ihn kennt?
Glaubt mir, er ist mit Nichten des Malers Schreckgebild,
Der knochendürre Würger, der Schwelger, nie gestillt,
Der unermeßne Ernten in allen Welten rafft,
Und nur dem ew'gen Abgrund ewige Nahrung schafft.
Traumbilder sind die Schatten, die ohne Wiederkehr
Dem dunklen Reich verfallen, ein klagend Geisierheer;
Ein Traum der Ort der Schmerzen, wo, jeder Hoffnung bar,
Endlose Strafen abbüßt die bleiche Sünderschar.
Ägyptens Wundermären sind gleicher Art wie die,
So unsre Väter glaubten, ein Wert der Phantasie,
Ein sinnlos Durcheinander, gestalt- und farbenreich,
Von Todesangst geschaffen und Pfaffenlist zugleich.

Mein lieber Keith, so laß uns mit dem unwürd'gen Spuk
Einmal zu Ende kommen, der Wahrheit Stunde schlug;
Und sei mein Lied ihr Herold: Ihr sollt uns Rede stehn,
Ihr heil'gen Lügen alle, — die freilich, recht besehn,
Nichts weniger denn heilig — so tretet denn herfür,
Doch nur, damit wir einmal euch abtun nach Gebühr.
Fort mit dem Wusi von Grauen, dem, was die Grabesnacht
Geheimnisvoll umwittert, das Herz uns schauern macht!
Verfällt der Leib den Würmern, das macht uns wenig Kummer:
Wir denken uns das Totsein als einen tiefen Schlummer,
Traumlos und ohn' Erwachen, in Leidgeborgenheit;
Und sollt' ein glimmend Fünklein später, nach unsrer Zeit,
Ein Etwas — nennt's die Seele, unsterblich nennt's dazu —
Wirtlich noch einmal aufglühn aus kalter Schlackenruh,
Dem Weltgesetze trotzend, das die Vernichtung will —
Sei's drum, was mag's uns kümmern? Wir ruhen stumm und still,
Ein Häuflein kühler Asche, dem alles einerlei,
Bei dem's mit Furcht und Hoffen für immerdar vorbei.

Was hätt' ich zu befahren in jener Welt, sag' an?
Ist Gott, den ich verehre, ein Wütrich, ein Tyrann?
Sollt' ich nach meinem Tode ein schuldlos Opfer sein
Des, der den Lebensodem uns gab und obendrein
All jene süßen Triebe, der Sinne Lustverlangen?
Ist einst aus Götterhänden der Mensch hervorgegangen