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Gedächtnisrede auf Knobelsdorff
Gelesen in der Akademie am 24. Januar 1754

Hans Georg Wenceslaus Freiherr von Knobelsdorss wurde am 17. Februar 1699 geboren. Sein Vater besaß die Ortschaft Cossar im Herzogtum Krossen. Seine Mutter war eine Baronin von Haugwitz.

Mit fünfzehn Jahren ergriff er den Waffenberuf. Er trat ins Regiment lottum ein und machte bei ihm den Feldzug in Pommern und die Belagerung von Gtralsund (1715) mit. Hier zeichnete er sich aus, soweit der enge Wirkungskreis des Eub, alternoffiziers es gestattete. Die Strapazen des rauhen Feldzuges und der bis an die Schwelle des Winters fortgesetzten Belagerung zerrütteten seine Gesundheit. Er bekam einen Bluthusten, bezwang die frühe Krankheit aber und diente trotz seiner zarten Gesundheit bis 1730 weiter. Dann quittierte er den Dienst als Kapitän.

Es ist ein Kennzeichen des Genies, daß es seinen natürlichen Neigungen unbezwinglich folgt und klar erkennt, wozu es geschaffen ist. Daher kommt es, daß so viele tüchtige Künstler sich selbst gebildet und sich neue Wege auf dem Gebiete der Kunst erschlossen haben. Dieser mächtige Drang zeigt sich besonders bei geborenen Dichtern und Malern. Ich brauche wohl nicht erst auf Ovid zu verweisen, der trotz des väterlichen Verbots Verse machte, oder auf Tasso, für den ein gleiches zutraf, oder auf Correggio, der sich beim Anblick von Raffaels Gemälden zum Maler berufen fühlte. Auch Knobelsdorss bildet ein Beispiel dafür. Er war zum Maler und zum großen Architekten geboren. Die Natur hatte ihm die Begabung geschenkt; es blieb der Kunst nur noch übrig, die letzte Hand anzulegen.

Schon während seiner Dienstzeit zeichnete er in seinen Mußestunden nach Gipsmodellen und malte bereits Landschaften im StU Claude Lorrains, ohne den Meister zu kennen, dem er so nahe kam. Nachdem er den Dienst quittiert hatte, überließ er sich völlig seinen Neigungen, befreundete sich mit dem berühmten Pesne1 und verschmähte es nicht, sich von ihm ausbilden zu lassen. Unter diesem geschickten Lehrer studierte er namentlich jenes besiechende Kolorit, das mit sanftem Trug der Natur ihre Rechte


1 Antoine Pesne (1683—1757), Hofmaler in Berlin.