<202> sie in Trümmer. Nein, meine Herren, was man am Prinzen Heinrich schätzte, ist nicht das Werk des Schicksals, sondern das Werk der Natur, seine Geistesgaben und Herzenseigenschaften, das eigenste Verdienst. Wäre er nur ein gewöhnlicher Mensch gewesen, so hätte man vielleicht anstandshalber kühles Bedauern gezeigt, das die Gleichgültigkeit der Welt doch Lügen gestraft hätte, erzwungenes Lob, das man gelangweilt anhört, seichte Beileidsbezeigungen, die den größten Toren nicht täuschen, und sein Name wäre zu ewiger Vergessenheit verurteilt worden.

Doch ach! Wie anders liegen die Dinge! Wäre Prinz Heinrich nur ein einfacher Bürger gewesen, er hätte die Herzen aller gewonnen, mit denen er in Berührung kam. Fürwahr, wer konnte seinem leutseligen, gefälligen Wesen widerstehen, seiner unerschöpflichen Liebenswürdigkeit, seinem weichen und mitfühlenden Herzen, seinem adligen, schwungvollen Geiste, seinem gereiften Urteil im Alter der Verirrungen, seiner Liebe zur Wissenschaft und Tugend, die er in Jahren zeigte, wo die meisten Menschen nur Neigung zu Vergnügungen und Torheiten verspüren, kurz, dieser bewundernswerten Vereinigung von Talenten und Tugenden, der man so selten bei einem Bürgersmann begegnet und noch seltener bei Personen von hoher Geburt, da ihre Zahl weit geringer ist?

Sollte in dieser Versammlung jemand so schlecht, so boshaft sein und so hart und mitleidlos urteilen, daß er den würdigen Gegenstand unsres gerechten Schmerzes zu verhöhnen wagte und Einspruch dagegen erhöbe, daß wir heute das Gedächtnis eines Jünglings feiern, der rasch dahinging und keine Spuren seines Daseins hinterließ? Nein, meine Herren, meine Vorstellung von dem Charakter unsrer Nation ist zu hoch, um bei ihr Männer zu vermuten, die aus Gefühllosigkeit grausam und aus Widerspruchsgeist unmenschlich sind. Mag sein, daß man unsren Verlust nicht kennt; aber kennt man ihn, so muß man erschüttert sein. Sollten sich aber solche verächtlichen Splitterrichter finden, was könnten wir ihnen antworten?

Sind sie der Meinung, daß ein ganzes Volk sich täuscht, wenn es beim Tode eines jungen Prinzen Beweise tiefsten Schmerzes gibt? Glauben sie, daß man die Gunst der Öffentlichkeit ohne Verdienst gewinnt und sie in eine Art von Taumel versetzen kann? Denken sie, daß das Menschengeschlecht, das so ungern Beifall spendet, sich leicht dazu entschlösse, wenn die Tugend ihn nicht erzwingt? Mögen sie also zugeben, daß dieser Jüngling, der keine Spur seines Daseins zurückließ, unsre Trauer verdient, weil er zu den schönsten Hoffnungen berechtigte und wir nur wenige Prinzen zu verlieren haben. Rechtfertigen wir die Tränen der königlichen Familie, die Trauer der wahrhaft königstreuen Bürger und die allgemeine Bestürzung, die bei der Nach, richt von einem so schweren Verluste entstand!

Meine Herren, worauf beruht die Stärke eines Staates? Auf den weiten Grenzen, die vieler Verteidiger bedürfen? Auf den durch Handel und Gewerbfleiß angehäuften Reichtümern, deren Nutzen allein in ihrer guten Anwendung liegt? Auf zahlreichen Völkern, die sich gegenseitig vernichten würden, wenn ihnen die Führer