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„Ich bin vollkommen Ihrer Meinung“, sagte Philant.

Bei diesen Worten hörten wir nicht weit von uns ein dumpfes Gemurmel, als ob jemand Schmähworte vor sich hinbrummte. Wir drehten uns um und erblickten im hellen Mondschein zu unsrem Erstaunen den Hauskaplan, der nur ein paar Schritte von uns entfernt war und wahrscheinlich den größten Teil unsrer Unterhaltung gehört hatte.

„Sieh da! Mein Vater!“ rief ich. „Wie kommt's, daß wir Sie hier so spät antreffen?“

„Heute ist Sonnabend“, erwiderte er. „Ich war dabei, meine Predigt für morgen vorzubereiten. Da hörte ich mitten drin ein paar Worte von Ihrem Gespräch, die mich veranlaßten, auch den Rest anzuhören. Wollte Gott, ich hätte zum Heil meiner Seele nichts davon vernommen! Sie haben meinen gerechten Zorn erregt, haben meine frommen Ohren beleidigt, die heiligen Gefäße unsrer unaussprechlichen Wahrheiten. Unheilige, schlechte Christen, die ihr seid, ihr wollt Menschlichkeit, Erbarmen und Demut der Macht der Religion und der Heiligkeit unsres Glaubens vorziehen! Wohlan, ihr werdet verdammt und in Kesseln voll siedenden Öles gemartert werden, die für die Verdammten bestimmt sind — euresgleichen.“

„Verzeihung, mein Vater!“ erwiderte ich. „Wir haben keine religiösen Fragen berührt. Wir sprachen nur von höchst gleichgültigen philosophischen Problemen. Und falls Sie nicht Tycho de Brahe und Kopernikus zu Kirchenvätern erheben wollen, sehe ich nicht ein, worüber Sie sich zu beklagen hätten.“

„Schon gut!“ sagte er. „Ich werde Sie morgen abkanzeln. Gott weiß, wie glatt ich Sie zum Teufel schicken werde.“

Wir wollten ihm antworten, aber er verließ uns unwirsch und brummte im Fortgehen ein paar Worte, die wir nicht recht verstehen konnten. Ich hielt es für einen frommen Seufzer, aber Philant glaubte ein paar rhetorische Verwünschungen aus irgend einem Psalm Davids gehört zu haben.

Wir gingen ins Haus, sehr zerknirscht ob des Abenteuers, das wir gehabt hatten, und sehr verlegen, welche Maßregeln wir ergreifen sollten. Mich dünkte, ich hatte nichts gesagt, was irgendwen hätte beleidigen können. Was ich zugunsten des Irrtums behauptet hatte, war der gesunden Vernunft und folglich den Grundsätzen unsres allerheiligsien Glaubens gemäß; denn er befiehlt uns selbst Duldung gegen die Fehler unsrer Nächsien und verbietet uns, den Schwachen Ärgernis zu bereiten und sie zu verletzen. Ich fühlte mich bei meinen Ansichten also rein und fürchtete nichts als die Denkweise der Frömmler. Man weiß ja, wie weit ihr Glaubenseifer geht und wie leicht sie imstande sind, andre gegen die Unschuld einzunehmen, wenn sie Abscheu gegen jemand gefaßt haben und ihn in Verruf bringen möchten. Philant beruhigte mich, so gut er konnte, und wir trennten uns nach dem Abendessen, jeder in tiefem Sinnen, vermutlich über den Gegenstand unsrer Unterhaltung und den