<245> daß ein Autor, der seine Feder zu solchen Ausschreitungen hergibt, nicht Weiser noch Philosoph ist?

Nichts verbindet mich persönlich mit dem Allerchristlichsten König; ich hätte vielleicht ebensoviel Grund, mich über ihn zu beklagen wie irgendein anderer. Aber die Entrüstung über die Schmähungen, die der Verfasser gegen ihn ausgespieen hat, und vor allem die Liebe zur Wahrheit, die stärker als jede Erwägung ist, zwingen mich, Beschuldigungen zu widerlegen, die so falsch wie empörend sind.

Hier die Hauptanklagepunkte:

Der Verfasser beschwert sich darüber, daß die vornehmsten Häuser Frankreichs allein im Besitz der ersten Würden seien; daß das Verdienst nicht ausgezeichnet werde; daß man den Klerus ehre und die Philosophen mißachte; daß der Ehrgeiz des Herrschers ohne Unterlaß neue aufreibende Kriege entzünde; daß einzig die gedungenen Henker — mit diesem geschmackvollen Epitheton ehrt er die Soldaten — Belohnungen und Auszeichnungen genießen; daß die Richterstellen käuflich seien, die Gesetze schlecht, die Steuern maßlos, die Bedrückung unerträglich sei und die Erziehung der Fürsten ebenso verständnislos wie tadelnswert.

Hier meine Antwort:

Das Wohl des Staates fordert, daß der Fürst die bedeutenden Dienste, die der Regierung geleistet werden, anerkennt. Wenn er seine Dankbarkeit bis auf die Nachkommen derer ausdehnt, die sich um das Vaterland verdient gemacht haben, so ist das die größte Ermutigung, die er den Talenten und der Tüchtigkeit geben kann. Familien auszeichnen, die durch die trefflichen Taten ihrer Vorfahren emporgekommen sind, heißt das nicht: alle anspornen, daß sie dem Staate gute Dienste leisten, um die Nachkommen im Genusse ähnlicher Vergünstigungen hinterlassen zu können? Bei den Römern schon galt der Patrizierstand mehr als der Plebejer- und der Ritterstand. Nur in der Türkei sind die Stände vermengt, und es geht ihr darum nicht etwa besser. In allen Staaten Europas genießt der Adel derselben Vorrechte. Die Bürgerlichen bahnen sich zuweilen den Weg zu den bevorzugten Stellen, wenn Genie, Talente und Leistungen sie adeln. Dieses Vorurteil aber, wenn man es so nennen will, dieses (wie ich betonen möchte) allgemein anerkannte Vorurteil würde es sogar dem König von Frankreich verwehren, einen Bürgerlichen als Gesandten an bestimmte fremde Höfe zu schicken.

Wo die Rechte der Geburt nicht anerkannt werden, lebt nicht philosophische Freiheit, sondern kleinbürgerliche und lächerliche Eitelkeit.

Der Verfasser klagt weiter, in Frankreich zeichne man das persönliche Verdienst nicht aus. Ich bekenne mich zu dem Argwohn, daß der Minister ihm gegenüber in einer persönlichen Angelegenheit etwas versehen hat. Vielleicht lud er die Schuld auf sich, ihm irgendeine Pension abzuschlagen oder diesen hochweisen Lehrmeister der Menschheit in seiner Dachkammer nicht zu entdecken, wiewohl er so würdig ist, dem