<231> überraschend kommt, Schrecken und Entschlußunfähigkeit verursacht. Ist man vorbereitet, so kann das niemals geschehen, mag das Ereignis, das zu erwarten sieht, noch so verdrießlich sein. Die europäische Politik ist so trügerisch, daß der Scharfsichtigste betrogen werden kann, wenn er nicht stets regsam und auf seiner Hut ist.

Das militärische System muß gleichfalls auf guten, sicheren Grundsätzen aufgebaut sein, die durch Erfahrung bestätigt sind. Man muß wissen, welche Fähigkeiten der Nation innewohnen und wie weit man, wenn sie gegen den Feind geführt wird, seine Unternehmungen ausdehnen darf. In unserer Zeit verbietet es sich, die Kriegsbräuche der Griechen und Römer anzuwenden. Die Erfindung des Schießpulvers hat die Art der Kriegführung vollkommen verändert. Die Überlegenheit des Feuers entscheidet heutzutage den Sieg; die Waffenübungen, die Reglements und die Taktik sind demgemäß von Grund auf umgestaltet worden. Die ungeheuer übertriebene Anwendung zahlreicher Artillerie, die jedes Heer schwerfällig macht, zwingt uns neuerdings, diese Mode ebenfalls mitzumachen, teils um unsere Stellungen zu behaupten, teils um den Feind in den seinigen anzugreifen, falls wichtige Gründe es erfordern. All die überfeinen Neuerungen haben die Kriegskunst so entschieden beeinflußt, daß ein General heute eine unverzeihliche Tollkühnheit begehen würde, wenn er einen Turenne, einen Conde, den Marschall von Luxemburg nachahmen und auf Grund der Anordnungen, wie diese großen Feldherren sie zu ihrer Zeit trafen, eine Schlacht wagen wollte. Damals gewann man seine Siege durch Mut und Kraft. Jetzt entscheidet die Artillerie alles, und die Geschicklichkeit des Generals beschränkt sich darauf, seine Truppen an den Feind heranzuführen, ohne daß sie zusammengeschossen werden, bevor sie den Angriff beginnen können. Um dies zu erreichen, muß er das Feuer des Gegners durch die Überlegenheit des eigenen zum Schweigen bringen. Was sich jedoch in der Kriegskunst ewig erhalten wird, das ist die Kastrametrie oder die Kunst, den größtmöglichen Vorteil aus einem Gelände zu ziehen. Wenn noch weitere Entdeckungen gemacht werden, so ergibt sich die Notwendigkeit, daß die Feldherren jener künftigen Zeiten diese Neuerungen verwetten und an unserer Taktik ändern, was der Verbesserung bedarf.

Es gibt Staaten, dle nach Lage und Anlage Seemächte sein müssen. Das sind England, Holland, Frankreich, Spanien, Dänemark. Sie grenzen ans Meer, und die entlegenen Kolonien, die sie besitzen, nötigen sie, Schisse anzuschaffen, um Verbindung und Handel zwischen dem Mutterland und den AußenteUen aufrechtzuerhalten. Andere Staaten dagegen, wie Österreich, Polen, Preußen und selbst Rußland, brauchen entweder keine Marine oder sie würden sich eines unverzeihlichen politischen Fehlers schuldig machen, wenn sie ihre Streitkräfte zersplitterten, um auch auf der See Truppen zu verwenden, die sie zu Lande durchaus nicht entbehren können1.


1 Vgl. S. 185. 215.