<229>kratischen, darin Minister und Generale nach Gutdünken schalten. Von einem einheitlichen System ist dann nichts mehr zu spüren. Jeder folgt seinen Sondergedanken, und der Mittelpunkt, der Einheitspunkt, ist verloren. Gleichwie alle Werkteile einer Uhr vereint auf denselben Zweck, die Zeitmessung, hinwirken, so sollte auch das Getriebe der Regierung derartig angeordnet sein, daß all die einzelnen Teile der Verwaltung gleichmäßig zum besten Gedeihen des Staatsganzen zusammenwirkten; denn dieses Hauptziel darf niemals aus dem Auge gelassen werden. Ferner bringt das persönliche Interesse der Minister und Generale es gemeiniglich mit sich, daß sie in allem einander entgegenarbeiten und manches Mal die Ausführung des besten Beschlusses verhindern, bloß weil nicht sie selber ihn angeregt haben. Das Übel erreicht aber den Gipfel, wenn es verderbten Seelen gelingt, den Herrscher zu überzeugen, daß seine Interessen andere seien als die seiner Untertanen. Dann wird der Fürst zum Feind seines Volkes, ohne zu wissen, wie das kommt. Aus Mißverständnis wird er hart, streng, unmenschlich. Da die Grundanschauung, von der er ausgeht, falsch ist, müssen notwendigermaßen auch die Folgerungen es sein. Der Herrscher ist durch unlösliche Bande mit dem Staatskörper verknüpft; demnach fühlt er durch rückwirkende Kraft alle Leiden seiner Untertanen mit, und ebenso leidet die Staatsgemeinschaft unter dem Unglück, das ihn trifft. Es gibt für ihn nur ein Heil, das ist das allgemeine des Staates. Verliert der Fürst Provinzen, so ist er nicht mehr imstande, den Untertanen beizustehen wie zuvor; hat sein Mißgeschick ihn genötigt, Schulden aufzunehmen, so ist es an den armen Staatsbürgern, sie zu tilgen. Und wiederum, wenn das Volk wenig zahlreich ist, wenn es in Elend verkommt, so ist der Landesherr aller Hilfsquellen beraubt. All das sind so unanfechtbare Wahrheiten, daß es nicht nottut, weiter dabei zu verweilen.

Ich wiederhole also: der Herrscher repräsentiert den Staat; er und sein Volk bilden bloß einen einzigen Körper, der nur insoweit glücklich sein kann, als Eintracht die einzelnen Glieder zusammenhält. Der Fürst ist für den Staat, den er regiert, dasselbe, was das Haupt für den Körper ist: er muß für die Allgemeinheit sehen, denken und handeln, um ihr jeglichen wünschenswerten Vorteil zu verschaffen. Soll die monarchische Regierung sich der republikanischen überlegen zeigen, so ist die Richtschnur für den Herrscher gegeben: er muß tätig und rein von Charakter sein und all seine Kräfte zusammennehmen, um die Aufgabe zu erfüllen, die ihm vorgezeichnet ward. Die Vorstellung, die ich mir von seinen Pflichten mache, ist folgende.

Er muß sich sorgsam und eingehend über Stärke und Schwäche seines Landes unterrichten, und zwar ebensogut im Hinblick auf die Geldquellen wie auf die Bevölkerungsmenge, die Finanzen, den Handel, die Gesetze und den Geist der Nation, die er regieren soll. Wenn die Gesetze gut sein sollen, so müssen sie klar ausgedrückt sein, damit keine Rechtsverdrehung sie nach Belieben deuten kann, um den Sinn zu umgehen und regellos, nach Gutdünken über das Geschick der Bürger zu entscheiden. Das Verfahren soll so kurz wie irgend möglich sein, um die Parteien nicht