<249> ich die Angriffstruppen zurückgehen und sie von der Armee aufnehmen. Diese und die zurückgehaltene Kavallerie würden zur Sicherung des Rückzuges ausreichen.

Steht der Feind nur auf sanft abfallendem Gelände, so kann man nach mehreren, fruchtlosen Infanterieangriffen dreist die Kavallerie, in Kolonnen formiert, einsetzen, und in wenigen Minuten sind die furchtgebietenden Linien der stolzen Österreicher über den Haufen geworfen. Glücklicherweise kennt noch niemand diese Kolonnenattacke der Kavallerie1. Einige Kavalleriegenerale weiden sie ausführen, sobald es nötig wird. Sie ist als Staatsgeheimnis zu betrachten, ebenso wie der Gebrauch der zehnpfündigen Haubitzen2. Denn sobald diese Dinge bekannt sind, benutzt man sie gegen uns, und wir kommen um den Vorteil der Erfindung.

Es ist ein großer Irrtum, zu glauben, Schlachten in der Ebene seien ein geringeres Wagnis als Angriffe auf feste Stellungen. Auf freiem Felde wirkt das Geschützfeuer verheerend. Das schlimmste ist, daß Ihr beim Angriff auf den Feind alle seine Batterien bereits in Stellung findet. Er kann also auf Euch schießen, während Ihr die Euren erst errichten müßt: das ist ein gewaltiger Unterschied! Auch in der Ebene dürft Ihr niemals mit Treffen gegen Treffen vorgehen; denn damit setzt Ihr alles aufs Spiel, und werdet Ihr geschlagen, so bleibt nichts übrig, um die Trümmer zu decken. Stets müssen besondere Angriffe der Armee vorangehen, damit das Gros nicht dem Kartatschfeuer ausgesetzt ist und, wie gesagt, nicht alles auf eine Karte gesetzt wird. Die Reserven sind von größter Wichtigkeit. Recht benutzt, können sie die Schlacht entscheiden. Ein Heerführer, der über eine Reserve verfügt, kann viel Unglück wieder gutmachen. Hat er keine, so sinkt er zum bloßen Zuschauer einer großen Begebenheit herab. Ist die Disposition getroffen und kein zweites Treffen, keine starke Reserve vorhanden, so liegt die Gefahr sehr nahe, daß er geschlagen wird. Hingegen kann er mit Hilfe von beidem Verluste wettmachen, Unterstützung dorthin schicken, wo der Feind seinen Hauptstoß führt, ja öfters sogar mit der Reserve die Flanke der ganzen feindlichen Armee umgehen und ihr in den Rücken fallen.

Ist eine Schlacht in der Ebene unvermeidlich, so entscheidet der Angriff eines Kavallerieflügels den Sieg. Dann kann die leichte Artillerie3 Wunder tun, wenn sie kurz vor der Attacke kräftig in die feindliche Kavallerie hineinfeuert. Siegt man in der Ebene, so muß man den geschlagenen Gegner unermüdlich verfolgen. Hier bietet sich eine Gelegenheit, ihn zu vernichten, da er in der Ebene keine Ausnahmestellung findet, die Eurem Nachdrängen Einhalt gebietet. Hat man also die Wahl des Schlachtfeldes, so muß man offenes Gelände dem bedeckten vorziehen; denn im letzteren könnt Ihr Eure Erfolge nicht ausnutzen, und eine Schlacht ohne Verfolgung kostet Euch ebensoviel Menschen wie eine andre, schwächt den Feind aber nicht wesentlich und läßt Euch oft nur eine halbe Meile Terrain gewinnen.


1 Vgl. S. 176. 312. Sie wurde zuerst ausgeführt von Seydlitz bei Zorndorf.

2 Vgl. S. 229.

3 Vgl. S. 230.