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3. Instruktion für den Erbprinzen von Braunschweig138-1
(16. Januar 1779)

Der nächste Feldzug wird wahrscheinlich über das Schicksal Deutschlands entscheiden. Man kann bei seiner Anlage also nicht Vorsicht genug anwenden. Der König beabsichtigt, mit Hilfe der Russen in Mähren offensiv vorzugehen und den Krieg soweit wie möglich nach der Donau zu tragen138-2. Andrerseits muß er 20 Bataillone teils in Landeshut, teils in der Grafschaft Glatz zurücklassen, um die dortige Grenze vor Einfällen oder selbst vor etwaigen Einmarschplänen des Feindes zu schützen. Vielleicht wird außerdem noch ein Korps in der Gegend von Teschen oder im Fürstentum Pleß zurückbleiben müssen, um die rückwärtigen Verbindungen gegen die Unternehmungen der Österreicher zu decken; sonst könnten diese von Galizien her alles bis Ratibor verwüsten und der in Mähren operierenden Armee in den Rücken kommen.

Die Armee in Sachsen kann die Operationen dieser Truppen in jenen entfernten Gegenden zwar nicht hindern, wohl aber etwaige Diversionen der österreichischen Elbarmee nach Schlesien vereiteln. Hieraus ergibt sich, daß diese Armee in Böhmen eindringen muß, zum größten Teil durch die Lausitz, der Nest durch Sachsen. Der Zweck ihrer Operation muß sein, die Elbe bis Leitmeritz vom Feinde zu säubern, um den Transport der Lebensmittel zu sichern; wenn der Feind ein starkes Korps bei Königgrätz oder Jaromircz hat, ihm in den Rücken zu kommen, seine Magazine wegzunehmen und ihn an offensivem Vorgehen gegen Schlesien zu hindern, dann aber mit allen Kräften gegen Prag vorzugehen. Kann man sich irgend einen Vorteil verschaffen, so muß man, wenn angängig, den Feind angreifen. Nach einem Siege fallen Prag und Eger bestimmt; dann ist es Zeit, an Königgrätz zu denken. Hat die Armee des Königs in Mähren einen ausgesprochenen Erfolg errungen, so muß Hadik unverzüglich Detachierungen nach Österreich machen, und die preußische Armee kann dann in Böhmen jede Unternehmung ausführen, die sie will, ohne vom Feinde<139> etwas befürchten zu müssen. Von dem Augenblick an legen wir, wenn wir unsere Operationen nach der Donau hinlenken, den Österreichern die Schlinge um den Hals.

Da die sächsischen Truppen für große Schläge nicht geeignet sind, so muß man sie mehr als Aushängeschild und als Aushilfe betrachten, statt sie zu ernstlichen Operationen zu verwenden. Benutzt man sie für die rückwärtigen Verbindungen, sozieht man Nutzen aus ihnen, ohne etwas aufs Spiel zu setzen.

Bei diesem ganzen Plane liegt die Hauptschwierigkeit im Lebensmitteltransport. Ich glaube, die Armee wird erst jenseits der Eger und Iser Pferde zu ihrer Verfügung finden. Gelingt es, eine hinreichende Zahl davon aufzutreiben, so wird der Rest der Operation leicht sein. Dieser Gegenstand wird die meiste Berechnung und Voraussicht erfordern.

Der Zeitpunkt der Eröffnung des Feldzuges läßt sich jetzt schon unmöglich bestimmen, aber soweit man zu urteilen vermag, wird es nicht vor Mitte Mai sein können, da man vorher keine Fourage findet.


138-1 Am 13. Dezember 1778 war der Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand zum Führer der Armee in Sachsen ernannt worden, nachdem Prinz Heinrich am 3. Dezember aus Gesundheitsrücksichten um Enthebung vom Kommando gebeten hatte.

138-2 Vgl. S. 136 f.