<24>länder mit der Anlage von Niederlassungen begonnen hatten. Englische Handelsschiffe wurden von den Spaniern gekapert, und zugleich ging die Werft zu Portsmouth in Flammen auf. So viele Schlag auf Schlag eintreffende schlimme Nachrichten machten aufden Londoner Hof um so größeren Eindruck, als der Marineminister sich in unverzeihlicher Nachlässigkeit so wenig um seine Verwaltung gekümmert hatte, daß England damals kaum zwanzig seetüchtige Kriegsschiffe besaß. Immerhin fingen die Engländer Feuer, und der Krieg wäre ausgebrochen, wäre Choiseul Leiter der Staatsgeschäfte geblieben; allein seine Feinde stürzten ihn.

Maupeou, der Kanzler von Frankreich, hoffte durch Verdrängung Choiseuls all dessen Ämter auf sich vereinigen zu können. Fügte er sie dann noch dem Amt des Großsiegelbewahrers hinzu, das er schon besaß, so wäre er wirklich Premierminister geworden, wie einst Richelieu und Mazarin. Um sich eine Partei zu schaffen, verband er sich mit den Herzögen von Aiguillon und Richelieu. Die bestrickten ihren Herrn, indem sie ihm ein Mädchen von mehr als zweideutigem Rufe zuführten. Diese Person1 siegte durch ihre Reize und wurde bald allmächtig; der alte Ludwig XV. betete sie an. Choiseul war zu stolz, um sich vor einem Geschöpf zu beugen, das er aufs tiefste verachtete. Er versagte ihr die Huldigungen, die die Würdenträger sonst den Geliebten ihrer Gebieter zu bezeigen pflegen. Die neue Mätresse teilte ihre Um Zufriedenheit ihrem Liebhaber mit; die Ränkeschmiede benutzten dies sofort und erbitterten den König noch mehr gegen Choiseul, indem sie ihn als Verschwender hinstellten, der die Staatseinkünfte zwecklos in tollen Ausgaben vergeudet und, um sich unentbehrlich zu machen, das Verhältnis zwischen England und Frankreich unhaltbar gemacht hätte. Die daraus entstehenden Zwistigkeiten müßten notwendig zu einem Kriege führen, der wenigstens ebenso verderblich sein würde wie der vorher-gehende. Das letztere Argument gab den Ausschlag. Ludwig XV. entließ seinen Minister auf der Stelle2, und mit ihm fielen all dessen weltschauenden Pläne.

Ludwig XV. unterhandelte selber mit England und Spanien, um ihre Streitigkeiten zu schlichten. Die Falklandinsel wurde den Engländern zurückgegeben, aber der König von Spanien bewahrte Frankreich gegenüber einen geheimen Groll, weil es seine Interessen bei diesem Vorfall nicht vertreten hatte. Kein Hof bedauerte Choiseuls Sturz mehr als der Wiener. Er hatte fest auf diesen Minister gebaut, dessen Anhänglichkeit er kannte. Aiguillon, dem der König das Ministerium des Auswärtigen übertragen hatte, stand nicht im Rufe der gleichen Ergebenheit gegen das Haus Österreich. Der Kanzler war ebenfalls enttäuscht und sah seine Pläne und Hoffnungen scheitern. Alle Veränderungen, die seitdem in Frankreich stattfanden, muß man also auf Choiseuls Entlassung zurückführen. So eng verkettet sind alle Begebenheiten, und so schwer ist es, die wichtigen Folgen vorherzusehen, die oft aus Kleinigkeiten entstehen.


1 Marie Jeanne Gomarde de Vaubernier, die spätere Gräfin du Barry.

2 24.Dezember 1770.