<130> konnte das unruhige und ehrgeizige Gemüt des jungen Kaisers niederbeugen. Solange die Wahrscheinlichkeit eines russisch-türkischen Krieges auf einen baldigen Bruch zwischen beiden Mächten hoffen ließ, hatte Joseph II. die Erklärung des Petersburger Hofes zugunsten Preußens und des Deutschen Reiches nur für eine Demonstration, eine eitle Prahlerei angesehen, kurz, für bloßes Gerede, das mehr Lärm als Wirkung hervorrief. Denn Rußland war zur Genüge in der Krim beschäftigt, um den Khan, seinen Schützling, gegen die Pforte zu verteidigen, die ihn absetzen wollte. Es hätte somit weder die Kraft noch die Mittel gehabt, den König von Preußen wirksam zu unterstützen. Aber die Wiederherstellung des Friedens zerstörte alle Hoffnungen, in denen der Kaiser sich gewiegt hatte. Er konnte sich nicht verhehlen, daß Rußland, nun es die Arme frei hatte, seine Kräfte nach Gutdünken verwenden konnte. Mithin war es in der Lage, dem König von Preußen ein so starkes Hilfskorps zu schicken, daß Preußen dadurch eine bedeutende numerische Überlegenheit gewann, gegen die sich die Kaiserlichen nicht ein Kriegsjahr hindurch mit Ehren zu behaupten vermochten, und noch weniger, wenn sich der Krieg in die Länge zog.

Der russisch-türkische Friedensschluß ist also eigentlich der Zeitpunkt, wo der Kongreß zu Teschen begann. Sofort blieben die Uhrwerke, die der Kaiser heimlich in Bewegung setzte, stehen, als wären sie entzwei gegangen. Der Kurfürst von der Pfalz und sein Bevollmächtigter hüllten sich in ehrfürchtiges Schweigen; Graf Cobenzl wurde verbindlicher, ließ seine arglistigen Vorschläge fallen und sprach sich offen und ehrlich über das aus, was den Gegenstand der Verhandlungen bildete. Alle diese günstigen Umstände förderten das Werk so rasch, daß binnen vierzehn Tagen allgemeine Übereinstimmung herrschte und der Friede am 13. Mai, dem Geburtstag der Kaiserin-Königin, geschlossen und unterzeichnet wurde.

Wir begnügen uns mit der Aufzählung seiner wichtigsten Artikel. Der Kaiser gab ganz Bayern und die Oberpfalz an den Kurfürsten von der Pfalz zurück, mit Ausnahme des Rentamtes Burghausen1. Die Erbfolge in beiden Staaten wurde dem Herzog von Zweibrücken zugesichert, desgleichen allen Seitenlinien, die die nämlichen Rechte hatten. Der Kurfürst von Sachsen erhielt eine Entschädigung von 6 Millionen Gulden, die ihm in jährlichen Raten von 500 000 Gulden ausgezahlt werden sollte. Der Kaiser verzichtete zugunsten des Kurfürsten von Sachsen auf die Oberlehnsherrlichkeit über die Grafschaft Schönburg, eine Enklave im Kurfürstentum. Er erkannte ferner die Rechtmäßigkeit der Erbansprüche auf Ansbach und Bayreuth an, die an Preußen zurückfallen mußten, und versprach, wegen dieser Erbfolge keine Schwierigkeiten mehr zu machen. Andrerseits ließ der König von Preußen seine Ansprüche auf Jülich und Berg zugunsten der Linie Sulzbach fallen, wofür Frankreich ihm die Garantie auf Schlesien erneuerte, die es im Vertrage von 1741 übernommen hatte2. Der Herzog von Mecklenburg erhielt das Recht de non apellando


1 Das abgetretene Gebiet umfaßte das Innenviertel, den zwischen Inn, Salza und Donau gelegenen Teil von Nlederbayern.

2 Vgl. S. 123.