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5. Kapitel

Einfall der Österreicher in Bayern. Abreise des Königs. Begebenheiten zu Dresden, Prag und Olmütz. Unterhandlungen Pfütschners. Feldzug in Mähren, Österreich und Ungarn. Unterhandlungen Gianninis. Einschließung Brünns. Räumung von Mähren durch den König und Vereinigung seines Heeres in Böhmen bei Chrudim. Ereignisse in Mähren nach seinem Abzug. Ministerwechsel in London. Vergebliche Unterhandlungen zu Chrudim und Entschluß, durch eine Schlacht die Österreicher zum Frieden zu veranlassen.

Obwohl die Franzosen Herren von Prag waren und die Ufer der Wottawa, der Moldau und Sazawa besetzt hielten, so verzweifelten die Österreicher doch nicht an ihrer Rettung. Sie hatten 10 000 Mann aus Italien und 7 000 aus Ungarn herbeigezogen, zu denen noch 3 000 aus dem Breisgau auf dem Wege über Tirol stießen. Dieses Heer von 20 000 Mann stand unter dem Befehl des Feldmarschalls Khevenhüller. Der entwarf sofort den Plan, Ségur in seinen Winterquartieren zu überfallen und ihn von den Ufern der Enns zu vertreiben.

Wir können nicht umhin, bei dieser Gelegenheit eine Denkschrift einzurücken, die der König am 30. Juni 1741 an den Kurfürsten von Bayern sandte1. Der Leser wird sehen, daß alles Mißgeschick, das nachher eintrat, vorhergesehen war, und daß Fürsten, die ihre schlecht angelegten Feldzugspläne nicht schleunigst verbessern, stets dafür gestraft werden; denn der Feind ist ein schlechter Hofmann: anstatt zu schmeicheln, züchtigt er die Fehler seines Gegners unnachsichtig, mag der ein König oder ein Kaiser sein. Hier ist die Denkschrift.

Gründe, aus denen der Kurfürst von Bayern den Krieg nach Österreich tragen muß.

„Da die Stellung der preußischen Truppen einen beträchtlichen Teil der österreichischen Macht in Schach hält, ist Feldmarschall Neipperg an Schlesien gefesselt. Das Heer der Verbündeten, das keinen Feind vor sich hat, sollte seine Operationen längs der Donau fortsetzen und schnell in Österreich einfallen. Der Kurfürst findet seinen Feind unvorbereitet. Er kann ohne Widerstand Passau, Linz, Enns einnehmen und von da auf Wien rücken, ohne ein Hindernis zu finden. Mit der Einnahme der Hauptstadt legt man der österreichischen Macht die Axt sozusagen an die Wurzel. Böhmen, das man durch diesen Marsch abschneidet,“


1 Der im folgenden mitgeteilte Wortlaut der Denkschrift enthält verschiedene Abweichungen; am Schluß fehlt die Aufforderung zu einem Bündnis mit Preußen.