<122>Plötzlich fällt der Wesir ihm in den Rücken,
Das Heer der Christen sieht sich eingepreßt,
Die Donau wehrt den Rückzug. Zu den Tücken
Der Hungersnot gesellt sich rasch die Pest.
Verzweiflung rings! Und Prinz Eugen erkennt,
Daß seinem Tun ein zorniges Schicksal fluche.
Mit einem letzten mutigen Versuche
Wägt er, ob Tod ihm oder Sieg vergönnt.
Er stürzt sich auf den Feind mit kühnem Wagen,
Bald ist das Türkenheer zerstreut, geschlagen.
Zwar wehrte lange sich mit tapfrer Hand
Der Großwesir; sein Plan schien ihm zu glücken,
Das Zünglein auf des Schicksals Wage stand —
Dann aber wandte ihm das Glück den Rücken.
So wurde ihm Erfolg und Ruhm geraubt:
Viktoria kränzte Prinz Eugen das Haupt...

So narrt der Zufall. Unberechenbar
Und launisch läßt er Toren leicht vollbringen,
Was Klugen häufig unerreichbar war.
Wem ist's vergönnt, die Zukunft zu durchdringen?
Vergeblich auch ist menschliches Beginnen,
Dem uns beschiednen Schicksal zu entrinnen.

Wie glänzte Marlborough vor allen andern!
Bei ihm hieß Kämpfen Siegen. Keine Beste
Hielt stand, wenn sie sein Eisenarm umpreßte.
Des Rheins Befreier, Sieger über Flandern,
Das geistige Haupt in Englands Parlament,
Wird er von einer Masham durch den bloßen
Haß eines Hoffräuleins, das niemand kennt,
Gestürzt, und damit werden umgestoßen
Die Pläne auch von zwanzig andern Mächten,
Die mit Britannien im Bunde fechtend.1

Und wie erging es jener stärksten Flotte,
Die je das Meer auf seinem Rücken trug?


1 Nach dem Sturze Marlboroughs im Sommer 1710 (vgl. Bd. l, S.116; VII, S.104) kam es zwischen England und Frankreich zu geheimen Verhandlungen und im Oktober 1711 zu einem Präliminarfrieden zwischen beiden Staaten, dem im Frühjahr 1713 der Friede von Utrecht und die Anerkennung des Herzogs Philipp von Anjou als König von Spanien folgte.