<99> Friedrichs III. das geistige Band bildet, so müssen wir hier auseinandersetzen, was den Anlaß gab, durch welche Mittel das Ziel erreicht wurde, und welche Einzelheiten Plan und Ausführung beeinflußten.

Friedrich III. fühlte sich in seinem Ehrgeiz beengt, ihm genügte weder sein Stand noch sein Besitz. Seine Schwäche erlaubte ihm nicht, sich auf Kosten der Nachbarn auszudehnen, die ebenso stark und mächtig waren wie er. Daher blieb ihm nur der Ausweg zum Schwulst der Titel, um damit zu ersetzen, was ihm an Macht fehlte. Aus diesen Gründen waren all seine Wünsche auf die Königswürde gerichtet.

In den Archiven findet man eine ausführliche Denkschrift, die dem Jesuitenpater Vota1 zugeschrieben wird. Sie dreht sich um die Wahl der Titel König der Wandalen oder König von Preußen und um die Vorteile, die das Haus Brandenburg aus seinem Königtum ernten würde. Man glaubte sogar, der Jesuit habe Friedrich III. erst auf den Gedanken der neuen Würde gebracht. Darin täuscht man sich um so mehr, als die Gesellschaft Jesu keinerlei Interesse am Größerwerden eines protestantischen Fürsten haben konnte. Natürlicher ist es, zu glauben, daß die Erhöhung des Prinzen von Oranien und die Hoffnungen Augusts von Sachsen Friedrichs III. Eifersucht erregt und ihn angetrieben haben, den beiden Fürsten nachzueifern und nach ihrem Vorbild einen Königsthron zu besteigen. Man geht immer fehl, wenn man den Ursprung menschlicher Handlungen außerhalb der Leidenschaften des Menschenherzens sucht.

Die Ausführung des Plans war so schwierig, da sie den Räten des Kurfürsten chimärisch erschien. Seine Minister Danckelman2 und Fuchs3 eiferten über die Belanglosigkeit des Gegenstandes, über die unübersteigbaren Hindernisse, die sich ihres Erachtens der Verwirklichung entgegenstellten, über den geringen Nutzen, den man sich davon versprechen durfte, und über das Gewicht der Bürde, die man sich durch eine so schwer zu tragende Würde auferlegte, um im Grunde nichts zu gewinnen als leere Insignien. Aber all die Gründe vermochten nichts über den Sinn des Kurfürsten, der in seine Idee verliebt, auf seine Nachbarn eifersüchtig war und nach prunkvoller Hoheit begehrte.

Dankelman datierte die Ungnade, in die er fiel, von diesem Tag. Er wurde bald darauf nach Spandau geschickt, weil er seine Meinung dreist heraus gesagt, an einem durch Schmeichelei verderbten Hof die Wahrheit allzu nackt gezeigt, einem eitlen Fürsten in seinem Trachten nach Hoheit und Größe widersprochen hatte. Glücklich die Fürsten, deren minder empfindliche Ohren die Wahrheit lieben, selbst wenn sie aus unbescheidenem Munde kommt! Doch das erfordert eine innere Zucht, deren nur wenige Menschen fähig sind.


1 Der Jesuitenpater Karl Moritz Vota, der Beichtvater König Johann Sobieskis, war das Werkzeug der römischen Kurie. Seit 1690 stand er auch mit Friedrich III. in persönlichen Beziehungen. Die genannte Denkschrift ist vom 8. Mai 1700 datiert.

2 Eberhard von Danckelman, Oberpräsident des Geheimen Rats. Sein Sturz erfolgte 1697.

3 Vgl. S..88.