Dezember.

A.

Dezember 1772

Der König in Potsdam.

4. Dezember 1772

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Sie klagen stets über die wenige Achtung, die jetzt Ihre Franzosen für die Wissenschaften hegen. Eine Menge Ursachen tragen dazu bei. Die Nation, welche den Ruhm liebt, schützte die großen Männer, welche nach dem Wiederaufleben der Wissenschaften ihrem Vaterlande durch ihre Schriften Ehre machten. etc. In der Folge sättigte man sich an diesen Meisterstücken, die Schriftsteller, welche diesen großen Männern folgten, waren ihnen nicht gleich, die Gelehrsamkeit ward minder gründlich. Der größte Theil dieser Schriftsteller war seiner Sitten wegen verschrieen, und konnte die Achtung des Publikums nicht verdienen; von der Verachtung der Person geht man leicht zur Verachtung der Kunst über. Zu diesen Betrachtungen kommt noch, daß Paris ein Abgrund von Ausschweifungen ist, in welchen sich Ihre feurige Jugend stürzt; viele kommen darin um oder verlieren wenigstens den Geschmack an Arbeitsamkeit. etc. Und da die Menschen nur die Dinge lieben, in welchen sie es vorwärts zu<70> bringen hoffen, so kann die unbesonnene Jugend, die nur die groben sinnlichen Vergnügungen kennt, die Künste nicht lieben, mit denen sie nicht genug bekannt ist, um darüber zu urtheilen, und es fällt ihr leichter, das, was sie nicht studirt hat, zu verachten, als ihre Unwissenheit zu bekennen. Denn welche Zeit bleibt einem Menschen, der in der großen Welt zu Paris lebt, übrig - ich will nicht sagen, zum Studiren, - sondern nur zum Denken? Des Morgens Besuche, dann ein Frühstück; hernach das Schauspiel, von da zum Spiel, zum Abendessen, noch einmal Spiel bis um zwei Uhr Morgens, alsdann Liebesglück und hierauf zu Bette, um eilf Uhr steht man wieder auf. Auf diese Art sind alle Augenblicke besetzt, und man ist sehr beschäftigt, ohne das Geringste zu thun. etc.

Was mir jetzt den kleinen gelehrten Briefwechsel, den ich sonst in Frankreich unterhalten habe, zuwider macht, sind nicht die Schriftsteller, sondern der ihnen fehlende Stoff. Als ein Fontenelle, ein Voltaire etc. schrieben, da war es ein Vergnügen, Nachrichten aus Frankreich zu erhalten; es waren Nachrichten vom Parnaß etc., allein heut zu Tage, wo nur Kompilationen erscheinen, sind die Journale gar nicht mehr zum Aushalten. etc. Wer z. B. wird Lust haben, sich von der "neuen Rasirkunst, Ludwig XV zugeeignet," belehren zu wollen, oder wer mag die Wörterbücher und die Encyclopädien aller Art? Alles das erregt mir Ekel, und da ich in Athen keinen Correspondenten mehr halte, seitdem es Setines geworden, so will ich auch ferner keinen in Paris haben, weil man daselbst die Waare nicht mehr antrifft, die ich schätze. Indessen kann ich deswegen recht gut schlafen. Bedenken Sie, daß der Schlaf und die Hoffnung die beiden Beruhigungsmittel sind, welche die Natur der Menschheit zugestand, um ihr die wahren Mühseligkeiten, welche sie erfährt, erträglich zu machen. Schlafen Sie und hoffen Sie, so wird alles gut gehen. etc."

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6. Dezember 1772

Der König an Voltaire :

- etc. - "Unser Schießpulver hat, dünkt mich, mehr Böses als Gutes gestiftet; und eben das ist der Fall mit der Buchdruckerkunst, die nur dann Werth hat, wenn sie gute Bücher unter das Publikum verbreitet. Leider werden dies, von Tage zu Tage seltener. etc."

22. Dezember 1772

Der König nach Berlin zum Carneval mit Gefolge. Er besucht gleich bei der Einfahrt in die Stadt die Prinzessin Amalie. Zugleich traf auch der regierende Landgraf von Hessen, Kassel, welcher einige Tage zuvor in Potsdam angelangt war, in Berlin ein.

23. Dezember 1772

Französisches Schauspiel auf dem Schloßtheater.

24. Dezember 1772

Besah der König, wie es während seines Aufenthalts in Berlin gewöhnlich geschah, die Wachtparade. Hierauf speiste er in seinen Appartements. Bei der Königin aber speisten der Königl. Hof und der Landgraf von Hessen-Kassel. Abends fand bei der Königin in Gegenwart des Königs und des ganzen Hofes die Verlobung des reg. Landgrafen von Hessen-Kassel, Friedrich, mit der Prinzessin Philippine von Brandenburg-Schwedt Statt.

27. Dezember 1772

Bei der an diesem Tage beim König Statt findenden großen Cour befand sich auch der vor einigen Tagen aus Heilsberg in Berlin angekommene Fürst-Bischof von Ermeland von Krasicky.

Dem Landgrafen von Hessen-Kassel ertheilt der König den Schwarzen Adlerorden, desgl. den General-Lieutenants von Krockow und von Krusemark.

Der General von Ramin wird vom König wieder mit einer kostbaren Uhr und vielem Porzellan beschenkt.

B.

Dezember 1772

Die Ordnung des Carnevals war folgende : Sonntag und Mittwoch Vormittag : die gewöhnliche große Cour beim König; Sonntag Mittag : Cour bei der verwittweten Prinzessin<72> von Preußen; Montag: Oper; Dienstag: Redoute; Mittwoch: Schauspiel; Donnerstag: Cour bei der Königin; Freitag: Oper; Sonnabend: Ruhe.

Die Opern waren : Die Griechen in Taurica, und Merope. Die Schauspiele : Le méchant, Athalie von Racine, l'obstacle imprevû.

In diesem Jahre kam der durch seine Wiedererfindung des den Alten bekannt gewesenen Punischen (auch Eleodorischen genannten) Wachses berühmte Maler Calau aus Sachsen nach Berlin. Der König kaufte ihm fünf mit diesem Wachs gemalte Stücke für seine Gallerie in Sanssouci ab, und ernannte ihn zum Hofmaler 72-+.


72-+ Der Herausgeber dieser Blätter besitzt ein von Calau mit Panischem Wachs gemaltes Bildniß Friedrich's d. Gr.