Juni.

A.

1. Juni 1755

Der König von Stargard nach Schwedt, wo an diesem Tage die Verlobung des Prinzen Ferdinand, Bruders des Königs, mit der Prinzessin Louise von Brandenburg-Schwedt Statt hatte.

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2. Juni 1755

Von Schwedt nach Berlin und Potsdam.

3. Juni 1755

Prinz Heinrich nach Potsdam.

5. Juni 1755

Der König von Potsdam nach Pitzpuhl bei Magdeburg zur Revue.

8. Juni 1755

Nach Salzthal.

11. Juni 1755

12. Juni 1755

In Minden und Bielefeld.

13. Juni 1755

Über Lingen nach Ostfriesland.

15. Juni 1755

In Emden.

16. Juni 1755

Durch das Hochstift Münster nach Wesel.

17. Juni 1755

Ankunft in Wesel; hier war auch d'Alembert einige Tage beim König 1).

19. Juni 1755

Von Wesel aus trat der König incognito, und bloß von dem Obersten Balbi und einem Pagen begleitet, eine Reise nach Holland an 2). In Amsterdam besah er die berühmte Gemäldesammlung des Kaufmanns Bramkamp. und das schöne Landhaus des reichen Israeliten Pinto zu Tulpenburg, dann, ging er auf der gewöhnlichen Barke nach Utrecht, um die schönen Landhäuser längs der Vechte zu sehen. Auf dieser Wasserfahrt lernte er den Herrn von Catt, seinen nachherigen Gesellschafter, kennen 3). Dieser erzählt davon in einem seiner Briefe an einen Bekannten, Herrn de Lavereux, Folgendes: "Im Jahr 1756 (soll 1755 heißen) hielt ich mich auf einem Landhause zwischen Amsterdam und Utrecht auf; um nach der letztern Stadt zu kommen, verdung ich mich auf eine Barke, die dicht bei dem Landsitze, wo ich lebte, vorbeipassirte. Da ich nicht in die Kajüte kommen konnte, weil sie vermiethet war; so blieb ich mit andern Passagieren in der Barke selbst. Nach einiger Zeit kam aus der Kajüte ein Mann in zimmtfarbenem Kleide mit goldenen Knopflöchern, der eine schwarze Perücke trug, und sich Gesicht und Kleid mit Spaniol ziemlich befleckt hatte. Der Unbekannte fixirte mich eine Zeit lang, und fragte sodann ohne weitere Vorrede: Wer sind Sie, mein Herr? Dieser kavalierische Ton von einem Unbekannten, dessen Äußeres nichts sehr<276> Wichtiges verkündigte, war mir zuwider, und ich weigerte mich, seine Neugier zu befriedigen. Er schwieg. Einige Zeit darauf nahm er einen höflichern Ton an und sagte: Kommen Sie doch hier zu mir herein, mein Herr! Sie werden sich da besser befinden, als in der Barke unter dem Tabacksrauche. Diese höfliche Anrede besänftigte meinen Unwillen, und da das sonderbare Wesen des Mannes meine Neugier rege machte, so nutzte ich sein Anerbieten. Wir setzten uns und fingen an, vertraulich mit einander zu reden.

Sehen Sie wohl den Mann in seinem Garten dort, der am Ufer ein Pfeifchen raucht? sagte er zu mir. Dieser Mann ist zuverlässig nicht glücklich. Ich weiß nicht, versetzte ich, aber ich denke, ohne einen Menschen zu kennen, ohne von seiner Lage und Denkart vollkommen unterrichtet zu sein, lasse sich unmöglich bestimmen, ob er glücklich oder unglücklich ist.

Mein Unbekannter gab mir Recht, und lenkte das Gespräch auf die Holländische Regierung. Er kritistrte sie, vermuthlich, um mich zum Reden zu bringen. Auch sprach ich, und gab ihm freimüthig zu verstehen, daß er von dem, was er kritisirte, nicht völlig unterrichtet sei. Sie haben Recht, versetzte er, man muß nur über das urtheilen, womit man ganz bekannt ist. Nunmehr fing er an von Religion zu sprechen, und mit beredter Zunge alles das Übel herzuerzählen, was die scholastische Philosophie in der Welt verursacht hatte, und suchte zu beweisen: die Schöpfung sei unmöglich. Ich fing an, den letzten Punkt zu widerlegen. Allein, wie kann man Etwas aus Nichts schaffen? sagte er mir. Davon ist nicht die Rede, antwortete ich ihm, es kommt darauf an, zu wissen, ob ein solches Wesen, wie Gott, dem, was nicht ist, Existenz geben kann oder nicht. Er schien verlegen und versetzte: Aber die Welt ist ewig. Sie gerathen in einen Zirkel, entgegnete ich, wie wollen Sie da heraus? Ich setze darüber weg, sagte er. Darauf fing er an zu lachen, und<277> von andern Dingen zu sprechen. Welche Regierungsform halten Sie für die beste? fragte er unter andern. "Die monarchische, wenn der König gerecht und aufgeklärt ist." Sehr wohl, entgegnete er, aber wo findet man dergleichen Könige? und damit that er einen Ausfall auf die Könige, der mich nicht im geringsten auf die Vermuthung bringen konnte, daß er einer sei. Zuletzt beklagte er sich zumal darüber, daß sie die Süßigkeit der Freundschaft nicht kennten, und führte bei der Gelegenheit folgende Verse an:

Amitié, plasir des grandes ames;
Amitié que les Rois, ces illustres ingrats
Sont assez malheureux de ne connaitre pas.

(Freundschaft, du Wonne großer Seelen! welche die Könige, diese erhabenen Undankbaren, nicht zu kennen unglücklich genug sind).

Ich habe nicht die Ehre mit ihnen näher bekannt zu sein, sagte ich, aber aus dem, was ich in der Geschichte von Mehreren gelesen habe, zu urtheilen, glaube ich, mein Herr, daß Sie im Allgemeinen Recht haben. "O ja, ja, ich habe Recht, ich kenne die Herren." Jetzt kamen wir auf die Litteratur zu sprechen. Der Unbekannte ließ sich über Racine mit vieler Bewunderung und Enthusiasmus aus. Während der Unterredung ereignete sich ein drolliger Zufall. Der Unbekannte wollte ein kleines Schiebefenster herunterlassen, und konnte damit nicht fertig werden. Das verstehen Sie nicht sagte ich zu ihm, überlassen Sie das mir. Ich versuchte es herunter zu ziehen, und war nicht geschickter, als er. Mein Herr, fing er nun an, erlauben Sie mir nun, Ihnen meinerseits zu sagen, daß Sie, auf Ehre! es eben so wenig verstehen. - "Das ist wahr, und ich bitte Sie um Verzeihung; ich bin zu rasch gewesen, Sie der Ungeschicklichkeit zu beschuldigen." - Waren Sie in Deutschland? fragte er mich dann. - "Nein, aber ich habe Lust, diese Reise zu machen, und ich bin sehr begierig, die Preußischen Staaten und deren<278> König zu sehen, von dem man so Vieles erzählt." Damit fing ich an, mich über Friedrich's Thaten auszubreiten, aber er unterbrach mich schnell mit den Worten: Nichts von den Königen, mein Herr! Was gehen uns die Wesen an! wir wollen uns den Überrest unseres Weges hindurch von angenehmern und aufheiternden Gegenständen unterhalten. Und nun sprach er von der besten der möglichen Welten, und behauptete: es gäbe auf unserer Erdkugel mehr Böses als Gutes. Ich vertheidigte das Gegentheil, und dieser Disput brachte uns zum Ziel unserer Reise.

Wie er mich verließ, sagte er, ich hoffe, mein Herr, daß Sie mir nun Ihren Namen sagen werden, mir ist es sehr lieb gewesen, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben; vielleicht sehen wir uns nie wieder. Ich antwortete ihm auf dies Compliment, wie sich's gebührte, und bat ihn, mich zu entschuldigen, daß ich ihm ein wenig widersprochen hätte. Schreiben Sie dies, schloß ich, der üblen Laune zu, worin mich verschiedene kleine Reisen versetzt, die ich in diesen Tagen gemacht habe. Ich sagte ihm sodann meinen Namen und wir trennten uns."

(Hiermit ist zu vergleichen, was Thiébault in: Mes Souvenirs. Tom. I. 214, von dieser Unterredung erzählt. Thiébault ist indeß, wie bekannt, ein sehr unzuverlässiger Schriftsteller).

(Wann und wie die Bekanntschaft sich wieder erneute, wird weiterhin vorkommen).

24. Juni 1754

An diesem Tage war der König wieder in Wesel (er war von Utrecht über Arnheim gegangen), und trat nun sogleich seine Rückreise über Hamm und Lippstadt an.

27. Juni 1755

Ankunft in Potsdam.

30. Juni 1754

Aus Potsdam in Berlin.