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VIII. DISPOSITION FÜR DIE SÄMMTLICHEN REGIMENTER INFANTERIE, WIE SOLCHE SICH BEI DEM VORFALLENDEN MARSCHE GEGEN DEN FEIND UND BEI DER DARAUF FOLGENDEN BATAILLE ZU VERHALTEN HABEN.[Titelblatt]

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DISPOSITION FÜR DIE SÄMMTLICHEN REGIMENTER INFANTERIE, WIE SOLCHE SICH BEI DEM VORFALLENDEN MARSCHE GEGEN DEN FEIND UND BEI DER DARAUF FOLGENDEN BATAILLE ZU VERHALTEN HABEN.

1.

Die Regimenter kommen zusammen bei Selowitz, Nuslau und Raygern, und werden alsdann die Ordre de bataille empfangen, welchergestalt sie künftig marschiren sollen.

2.

Wofern es nicht express befohlen wird, können die Regimenter und Bataillons alle ihre Zelte und schwere Equipage in Olmütz und Wischau zurücklassen, die Brodwagen aber sollen sie mitnehmen. Es ist auch einem jeden Stabs-Officier erlaubt noch einen Wagen für sich mitzunehmen. Die Regimenter sollen auch auf vierzehn Tage Löhnung bei sich haben, mehr aber nicht, und soll das übrige Geld bei der schweren Equipage bleiben.

3.

Von obbemeldeten dreien Oertern kommt die Armee bei Pohrlitz, jenseits der Iglawa, zusammen.

<74>4.

Die Officiere der Regimenter und Bataillons sollen den Tag vor der Bataille die Gewehre ausziehen und sehr wohl rein machen lassen, frisch laden und gute Steine aufschrauben, auch überhaupt alles, so viel wie möglich, in besten Stand bringen lassen.

Die Bursche sollen den Tag vor dem Marschiren jeder sechzig scharfe Patronen bei sich haben.

Die Tornister und Brodsäcke sollen den Tag vor der Action alle ordentlich zusammen in eins gebunden und compagnieweise auf eines jeden Capitains Proviantwagen gelegt werden.

5.

An dem Tage der Action müssen die Commandeurs der Regimenter und Bataillons die Stunden und die Augenblicke, wo sie bestellet sind, sehr accurat observiren, auf dass in keiner Sache, so befohlen ist, einiger Aufschub noch Halt gemacht werde, als welches sonst in dergleichen Sache von grosser Importance sein kann.

6.

Wenn die Armee alsdann nach der zu machenden Disposition wird ausmarschiret sein und man sodann alsbald an den Feind heran ist, so wird befohlen werden mit halben Bataillons aufzumarschiren. Die Commandeurs der Brigaden und Bataillons sollen sehr wohl Acht haben, dass zwischen den Zügen enge Distancen gehalten werden und dass die Bataillons gut an einander hängen.

7.

Wenn befohlen wird aufzumarschiren, so muss dasjenige Regiment, so auf dem Flügel an der Cavallerie stehet, dreissig Schritt von der Escadron abbleiben. Die Bataillons müssen sich geschlossen formiren; die Generale und Commandeurs der Regimenter aber sollen wohl Acht haben, dass die Bataillons sich auch aligniren. In währendem Aufmarschiren müssen die Kano<75>nen, so bei den Bataillons geführt werden, vorrücken, um den Feind zu chargiren. Sobald die Regimenter alle aufmarschiret sind, so rücken immer zwischen jedes Bataillon zwei Kanonen, und müssen die Bataillons sonst ganz geschlossen stehen, nur allein dass die zwei Kanonen zwischen ihnen Platz haben.

8.

Es muss den Burschen wohl imprimiret werden, dass sie nicht eher sehiessen, als ihnen befohlen wird. Derjenige Flügel, welcher attaquiren soll, muss in guter Ordnung und wohl geschlossen an den Feind marschiren. Sollte sich noch etwas von der feindlichen Cavallerie finden, welche die unsrige nicht verjagt hat, so ist es als eine General-Regel wohl zu merken, dass man sich gegen die Cavallerie nicht ganz verschiessen muss, sondern es muss nur allein dasjenige Peloton, wo die feindliche Cavallerie am nächsten herankommt, auf vierzig, höchstens fünfzig Schritt eine Salve geben. Die Regimenter müssen indessen immer im Avanciren bleiben, und müssen die Commandeurs Sorge tragen, dass man nicht stille stehe, noch sich zurückziehe; jedennoch müssen die Regimenter allezeit an dem Regimente oder Bataillon, so neben ihnen avanciret, geschlossen bleiben und keine Lücken machen.

9.

Haben wir mit nichts als mit der feindlichen Infanterie zu thun, und dass seine Cavallerie schon in Desordre ist, so muss in währendem Heranmarschiren stark auf den Feind kanoniret werden, und können diejenigen Bataillons, so an dem Flügel sind, wo attaquiret wird, auf zwei hundert Schritt das Peloton-Feuer machen; jedennoch müssen die Chefs und Commandeurs der Regimenter so viel als möglich dahin sehen, dass solches Peloton-Feuer nicht unordentlich geschiehet.

Wenn die Bataillons auf zwei hundert Schritt gegen den Feind kommen, so können die Kanonen nach gerade mit Kartätschen geladen werden.

NB. Da Seine Königliche Majestät der gewissen Meinung sind, dass man den Feind nicht so sehr mit dem Chargiren wegschlä<76>get, als dass man ihn vielmehr, so zu sagen, wegdrängen muss, als recommandiren Seine Königliche Majestät den Commandeurs der Regimenter, welche auf dem Flügel sind, wo attaquiret wird, vor allen Dingen, dass selbe, so viel sie können, immer in guter Ordnung in währendem Chargiren auf den Feind zudrängen. Wofern auch der Feind gegen alles menschliche Vermuthen einige Standhaftigkeit zeigen möchte, so müssen die Bataillons so attaquiren, wenn sie bis auf zwanzig Schritt, oder auch wohl bis auf zehn Schritt (nachdem es die Commandeurs judiciren werden) vom Feinde sind, ihm eine starke Salve in die Nase geben und darauf sofort demselben mit den Baïonnetten in die Rippen sitzen, dem Feinde auch immer gleich zuschreien, das Gewehr wegzuschmeissen und sich gefangen zu geben.

NB. Nach aller menschlichen Apparence wird es den Oesterreichern nicht in den Sinn kommen, sich mit uns auf die Baïonnette einzulassen, sondern es ist wohl eher zu vermuthen, dass, wenn sie ihre Cavallerie geschlagen sehen, der Ueberrest bald durchgehen wird.

10.

Das zweite Treffen, welches drei hundert Schritt hinter dem ersten aufmarschiren muss, soll seine Distance in währendem Aufmarschiren wohl observiren. Wofern feindliche Husaren oder dergleichen Gesindel sich hinter beide Treffen herumschleichen sollten, so müssen die Commandeurs rechtsumkehrt machen, und hier und dar, wie es der Commandeur gut findet, ein und anderes Peloton darauf feuern lassen.

11.

Bei dem zweiten Treffen wird per Regiment oder zu zwei Bataillons eine Kanone gegeben; diese müssen mit nichts anderm als Cartouchen geladen sein, auf dass, wenn man genöthiget wäre, auf Husaren und dergleichen mit Kanonen zu feuern, solches der Equipage, welche hinter beiden Treffen eine Wagenburg gemacht haben wird, keinen Schaden thun könne.

<77>12.

Die Majors und Adjutanten der Regimenter sollen währender Bataille oder Chargiren hinter den Bataillons bleiben, weil sie vorn den Bataillons verhinderlich sind; die Majors aber sowohl, als die Adjutanten müssen von hinten die Lücken im Bataillon, so viel wie möglich, zumachen und den Leuten wieder zu recht helfen, auch wohl auf das Alignement Acht nehmen und den Leuten bei allen Gelegenheiten zusprechen.

13.

Die Hautbois, Tambours und Pfeifer sollen, sobald das Treffen angehet, die blessirten Officiere, Unter-Officiere und Gemeinen nach der Wagenburg zu bringen; den Burschen allen aber muss gesaget werden, dass, wenn einer oder der andere von ihnen blessiret würde und er sich bis zur Wagenburg schleppen könnte, er alle Sicherheit daselbst haben und ordentlich verbunden werden würde. Dass dieses den Burschen gesagt werde, ist nöthig, damit sie sich nicht sonst verlaufen.

14.

Es soll per Bataillon ein Feldscheer mit ins Treffen genommen werden, die andern aber sollen mit dem Regiments-Feldscheer in der Wagenburg bleiben, auf dass sie daselbst die Blessirten ordentlich und desto besser verbinden können.

15.

Derjenige Officier, welcher zur Bedeckung der Wagen und Bagage commandiret werden wird, muss die Proviant-, auch Officier- und andere Wagen in der besten Ordnung auffahren lassen und eine Wagenburg machen, dergestalt, dass er zuvörderst durch ein Wasser, Morast oder Graben den Rücken frei bekomme, an welchen er alsdann eine Reihe Wagen solchergestalt auffahren lassen muss, dass die Pferde mit den Köpfen Fronte nach der Armee machen, alsdann er auf jeder Flanke, rechter und linker Hand, zwei Reihen Wagen also auffahren lassen muss, dass die Pferde von jeder Reihe gegen die an<78>dere Reihe mit den Köpfen gegen einander stehen und dass die Knechte also nicht ausreissen können. In der vordersten Reihe gegen die Armee zu müssen wieder zwei Reihen Wagen solchergestalt auffahren, dass die Pferde von der einen Reihe gegen die Köpfe der Pferde von der zweiten Reihe alle einwärts zu stehen kommen. Die Pferde, so mit den Köpfen gegen einander stehen, sollen alle ordentlich zusammengekoppelt werden, damit, wenn auch der Feind heran käme, weder die Pferde, noch die Knechte ausreissen, noch von der Stelle kommen können. Vorn soll alsdann derjenige Officier, so die Bedeckung der Bagage commandiret, vier, sechs oder acht Pelotons, nachdem das Commando stark ist, postiren, von der Fronte nach der Armee zu. Vor einem jeden Peloton müssen die zu diesem Behufe gegebenen spanischen Reiter placiret sein; in den Ecken der Wagenburg aber muss er seine Kanonen postiret haben, damit er solche nach den Flanken, oder vor sich, wie es die Umstände erfordern werden, abfeuern lassen könne. Auf die Flanken vor der Wagenburg soll er auch einige Pelotons placiren. Alles dieses, wie sowohl die Wagenburg formiret, als auch die Pelotons und Kanonen placiret werden sollen, desto ordentlicher zu zeigen, lassen Ihro Majestät hierbei einen Riss zufertigen,83-a um desto begreiflicher zu machen, wie alles ohngefähr disponiret und eingerichtet werden soll. Wenn zwischen der Armee und Wagenburg sich feindliche Husaren einschleichen sollten, alsdann kann der die Bagage commandirende Officier mit Kanonen auf sie schiessen lassen, jedoch nicht anders, als mit Kartätschen, durchaus aber nicht mit Kanonenkugeln, weil er dadurch unsern eigenen Leuten im zweiten Treffen schaden könnte. Mit Pelotons kann er ganz dreist auf den etwa auf ihn zukommenden Feind chargiren lassen; jedoch muss er in Acht nehmen, dass die Pelotons nicht auf einmal schiessen, sondern dass beständig welche geschultert seien.

16.

Derjenige Officier, welcher bei der Bagage commandiret wird, muss den blessirten Officieren und Burschen so schleunig als es <79>sich thun lässt nach der Wagenburg zu helfen suchen. Wenn er siehet, dass der Feind von uns geschlagen wird, so muss er alsdann einige Pack- und Proviant-Wagen, auch einige Officier-Wagen (welche indifferent sein müssen) abpacken lassen, um die Blessirten darauf zu legen, welchen er eine Escorte von ein paar hundert Mann mitgeben und sie nach dem nächsten Dorfe bringen lassen soll. Der Officier, welcher mit solcher Escorte commandiret wird, soll dann auch dafür sorgen, dass die Blessirten gut untergebracht werden und dass Feldscheere, und alles was sonst nöthig ist, dabei sei. Wenn dann die Bataille vollkommen gewonnen ist, so muss der bei der Bagage commandirende Officier alsdann alle übrige Kranke unter guter Aufsicht von Officieren und Unter-Officieren nach den übrigen nächsten Dörfern bringen lassen, und sodann Ordre erwarten, was weiter befohlen werden wird.

17.

Seine Königliche Majestät haben übrigens zu den sämmtlichen Officieren von Dero Armee das gewisse und sichere Vertrauen, dass dieselben, da sie bishero jederzeit mit besonderem Ruhme und Distinction gedienet, sich auch bei diesen und andern Vorfallenheiten feiner distinguiren, die ihnen gegebenen Ordres wohl observiren und sich in allem auf eine solche Art betragen werden, damit Seine Königliche Majestät Ursache haben, für ihre Fortune und Verbesserung auf alle Weise zu denken.

18.

Es wird auch den Commandeurs der Regimenter und Bataillons auf Ehre und Reputation hierdurch anbefohlen, dass sie auf diejenigen Officiere, welche sich bei der Action distinguiren werden, wohl Acht haben und solche sogleich nach der Action Seiner Königlichen Majestät pflichtmässig anzeigen sollen, damit Dieselben dergleichen Officiere alle wissen, um ihnen demnächst wirkliche Proben von Dero Gnade und Erkenntlichkeit geben zu können.

<80>19.

Die Commandeurs der Regimenter und Bataillons sollen schliesslich sich diese Disposition sehr wohl imprimiren, auch ihren unterhabenden Officieren alles dasjenige, so sie angehet, auf das genaueste und eigentlichste bekannt machen, damit ein jeder wisse, was er zu thun habe, und sein Devoir mit aller Accuratesse und exact verrichten müsse.

Gegeben Hauptquartier Selowitz, den 25. März 1742.

Friderich.


83-a Siehe den zu dieser Disposition gehörigen Plan.