<102>'ne starke Frühaufsteherin,
Heut hat sie's nach dem Wunsch und Sinn
Der lustigen Jugend mal viel zu eilig —
Obschon zeitweilig
Bereits in Viertelstundenfrist
Von manchem schnell entstammten Galan
In seinem kurzatmigen Liebesroman
Ein böses Aber gefunden ist.

Was meint Ihr? Oder ist es vielleicht
Die Bühnenkunst, der Ihr die Palme reicht?
Allwo die Verschrobenheiten der Zeit
Mit seiner derben Ursprünglichkeit
Abschreckend uns Meister Molière konterfeit?
Ihr empfehlt mir ein neues Schauspiel: „Kehrt ein
„In jenes berückende Zauberschloß,
„Wo das Bühnenbild und der Tanz im Verein
„Mit dem Reize vielstimmiger Melodein,
„Wo ein hundertfältig Genießen
„Zu einer Lust, überwältigend groß,
„Will ineinanderfließen.
„Der Oper gebührt wohl der Freudenpreis,
„Wo alles, Hof und Stadt, wie berauscht
„Dem Meistergesange der Astrua1 lauscht,
„Wo alle Herzen zu rühren weiß
„Salimbeni2, der Meister der schmelzenden Töne,
„Wo unsre Terpsichore, unsere schöne
„Marianne Cochois ihre Bravos sich
„Beim Publikum einheimst allabendlich
„Und die hohe Kunst ihres Tanzes zusamt
„Dem Reiz der Verführung, der ihr eigen,
„Alle Herzen, die zur Verliebtheit neigen,
„Unrettbar entstammt.“

Ich versteh', und — was ich auch nicht verhehle —
Ich liebe im Grunde meiner Seele
All diese Freuden: Verirrung heißt
Mir die Andacht, die sie uns verleidet, verweist.


1 Siovanna Astrua, Sängerin an der Oper.

2 Felicino Salimbeni, Sänger.