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Antwort: Unbescholtenheit, redliches Betragen, Kenntnisse, Fleiß, Wachsamkeit, Tapferkeit, schöne Taten im Kriege und im bürgerlichen Leben, mit einem Worte alles, was uns über die menschlichen Schwächen erhebt.

Frage: Was die menschlichen Schwächen betrifft, so bist Du jung und in dem Alter, wo die Leidenschaften am Heftigsien sind. Widerstehst Du auch der Habgier, dem maßlosen Ehrgeiz, der Rachsucht, so glaube ich doch, daß Du den Reizen eines bezaubernden Geschlechtes verfallen wirst, das Wunden schlägt, indem es uns verführt, und die vergifteten Pfeile so tief in unser Herz bohrt, daß die Vernunft wankt. Ach, wie beklage ich im voraus den Ehemann, dessen Frau Dich einst zu ihrem Sklaven macht! Wie denkst Du darüber?

Antwort: Ich bin jung und schwach, das gesiehe ich. Doch ich kenne meine Pflichten, und mir scheint, daß ein junger Mensch nicht den Frieden der Familien zu zerstören und keine Gewalt anzuwenden braucht, um seine Leidenschaften zu befriedigen. Er kann es auf harmlosere Art tun.

Frage: Ich versiehe. Du spielst auf die Worte des Porcius Cato an, der einst einen jungen Patrizier von einem Freudenmädchen kommen sah und erfreut ausrief: dann werde er den Frieden keiner Familie stören. Indes bringt auch dies Mittel sonderbare Übelstände mit sich, und Mädchen zu verführen —

Antwort: Ich würde keines verführen; denn ich will niemand betrügen, noch falsche Schwüre leisten. Betrügen ist ehrlos; falsch schwören ein Verbrechen.

Frage: Aber wenn es Dein Vorteil erheischt?

Antwort: Dann stände ja ein Vorteil dem andren entgegen. Denn breche ich mein Wort, so dürfte ich mich nicht beklagen, wenn ein andrer mir das seine bricht, und spiele ich mit Eiden, so könnte ich auch denen nicht trauen, die mir Eide leisten.

Frage: Doch wenn Du Catos Vorschrift befolgst, so setzest Du Dich andren Zufällen aus.

Antwort: Wer sich seinen Leidenschaften überläßt, ist ein verlorener Mensch. Ich habe es mir in allen Dingen zur Lebensregel gemacht: genieße, aber treibe keinen Mißbrauch.

Frage: Das ist sehr verständig. Aber bist Du auch sicher, nie von dieser Regel abzuweichen?

Antwort: Mein Selbsterhaltungstrieb läßt mich über meine Gesundheit wachen. Ich weiß, daß sie durch nichts mehr zerstört wird als durch Ausschweifung. Ich muß also auf meiner Hut sein, um meine Kräfte nicht zu erschöpfen und mir keine leidige Krankheit zuzuziehen, die meine blühende Jugend zerrüttet, mich kraftlos und elend werden läßt. Sonst müßte ich mir ja den grausamen Vorwurf machen, mein eigner